Nicht bunt

Die Zeit nach einem Regierungswechsel ist die Zeit, in der sich die neuen Mitglieder der Regierung versuchen zu »profilieren«, denn ohne ein »Profil« läuft nichts heutzutage. Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der neue Verteidigungsminister, sagte in Afghanistan: »Es ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen.« Philipp Rösler (FDP), der neue Gesundheitsminister, verlangte »ein neues Gesundheitssystem«. Und schon gelten die Herren, weil sie noch keine 40 Jahre alt sind, wahlweise als »Stars« ihrer Parteien, als »Shooting Stars« oder gar »Pop-Stars« und ganz sicher als »profiliert«.
Andere haben es schwerer und werden weniger beachtet. Thomas de Maizière, der neue Innenminister, ist so lange Mitglied der CDU wie die Jungminister auf der Welt sind. Seit Jahrzehnten hat er wichtige politische Ämter inne, kann aber vermutlich immer noch gänzlich unerkannt durchs Brandenburger Tor laufen kann. Ob er kraft seiner Aufgabenfülle »der bunte Hund der Regierung« sei, fragt ihn die Süddeutsche Zeitung, und er antwortet wahrheitsgemäß: »Bunt nicht.« Er sagt auch: »Maß halten ist immer gut.« Er versteht sich als Mann des »inneren Zusammenhalts« und »Integrationsminister« in jederlei Hinsicht. Und er sagt, er könne »nicht gegen jede Gefahr ein Gesetz machen«. Deshalb will er »die Sicherheitsarchitektur im engeren Sinne und die Struktur der Sicherheit insgesamt« genau prüfen. Als »liberal-konservativer Innenminister« fühlt er sich richtig beschrieben, also als Regierungskoalition in Person sozusagen, und man fragt sich, wie eine Regierung, die einen solchen Mann in ihren Reihen hat, noch streiten kann. »Ich kann mit dem Begriff ›innere Sicherheit‹ wenig anfangen. Mir gefällt ›innerer Friede und öffentliche Sicherheit‹ besser«, sagt er im Interview. Daraus machte die Süddeutsche Zeitung »De Maizière will neue Sicherheitspolitik«, denn auch er braucht ja ein »Profil«.