Die Republikaner machen mit der Kriminalitätsangst Wahlkampf

Schießereien als Politikum

Zwei Jahre nach den großen »Black Lives Matter«-Protesten hat sich die Stimmung in den USA gedreht: Republikanische Politiker setzen die Demokraten unter Druck, indem sie deren Politik für steigende Kriminalitätsraten verantwortlich machen. Doch die Ursachen der Gewaltkriminalität liegen woanders.

Mandela Barnes sei »nicht nur ein ­Demokrat«, er sei »ein gefährlicher ­Demokrat«. So endet ein republikanischer Wahlwerbespot gegen Mandela Barnes, einen afroamerikanischen Senatskandidaten in Wisconsin. Zuvor zeigt der Spot einen anderen schwarzen Mann: den Amokfahrer, der in Wisconsin vergangenes Jahr mit einem Auto in eine Weihnachtsparade fuhr und sechs Menschen tötete. Der Täter war zu dem Zeitpunkt wegen einer Gewalttat angeklagt, musste aber gegen die Zahlung einer Kaution in Höhe von 1 000 US-Dollar nicht in Untersuchungshaft. Und Barnes wolle Kautionen jetzt sogar ganz abschaffen, heißt es in dem mit düsterer Musik unterlegten Spot.

Barnes hatte tatsächlich einen Gesetzesentwurf vorgelegt, um das Kautionssystem in Wisconsin abzuschaffen. Dieses sieht wie in vielen US-Bundesstaaten vor, dass Angeklagte zum Teil hohe Geldsummen aufbringen müssen, um zu garantieren, dass sie vor Gericht erscheinen. Wer die Kaution nicht zahlen kann, muss ins Gefängnis. Die Republikaner stellen Barnes nun als einen ­Politiker dar, der Gewalttäter frei herumlaufen lassen wolle – obwohl seinem Gesetzesentwurf zufolge ein Gewalttäter wie der Amokfahrer gar nicht aus dem Gefängnis hätte entlassen werden dürfen.
Zwei Jahre nach den großen »Black Lives Matter«-Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt im Sommer 2020 ist Kriminalität wieder ein zentrales Thema der US-amerikanischen ­Politik – doch scheint sich die Stimmung seitdem gewandelt zu haben. Die Republikaner attackieren die Demokraten im ganzen Land dafür, dass sie »soft on crime« seien, zu nachsichtig im Umgang mit Kriminalität. Und anstatt – wie zum Teil noch vor zwei Jahren – über rassistische Polizeigewalt und Reformen des Justizsystems zu sprechen, versuchen die in die Defensive geratenen Demokraten nun angestrengt, die Vorwürfe der Republikaner zu entkräften.

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