Jakob Guanzon lässt seine Protagonisten im Teufelskreis der Armut rotieren

Armut im Überfluss

Ein McDonald’s, ein Motel, ein Trailerpark sind Schauplätze in Jakob Guanzons Roman »Überfluss« über ein Leben in Armut irgendwo im Mittleren Westen der USA.
Platte Buch Von

In der wie ein Roadmovie erzählten Geschichte stehen die symbolischen Orte der mobilen Gesellschaft für die gescheiterte Biographie eines jungen alleinerziehenden Vaters. Henry und sein Sohn Junior sind nirgendwo zu Hause. Der Geburtstag des Jungen wird in einem Schnellrestaurant begangen, wo das Kind zur Feier des Tages mal kein Sparmenü bestellen muss.

Endstation Trailerpark? Schön wär’s. Wer wie Henry mit der Miete in Rückstand gerät, fliegt auch dort raus und verliert das letzte bisschen Würde. Der Truck wird von nun an das Zuhause der beiden.

Eigentlich trägt Jakob Guanzon in seinem Debüt­roman gar nicht mal dick auf, ­sondern lässt seinen Protagonisten in einem ­Teufelskreis rotieren, in dem sich unzähl­ige Amerikaner und Amerika­nerinnen bewegen: keine Arbeit, kein Geld, kein Obdach, aber eine Vorstrafe (in Henrys Fall wegen Drogenbesitzes), die ­jeden Arbeitgeber abschreckt.

Eigentlich trägt Jakob Guanzon in seinem Debüt­roman gar nicht mal dick auf, ­sondern lässt seinen Protagonisten in einem ­Teufelskreis rotieren, in dem sich unzähl­ige Amerikaner und Amerika­nerinnen bewegen: keine Arbeit, kein Geld, kein Obdach, aber eine Vorstrafe.

Auch die Vorgeschichte Henrys wird erzählt; seine Eltern fielen durch Krankheit und Arbeitsplatzverlust aus ihrem Mittelschichtsalltag ins Bodenlose. Seinem Sohn wünscht der ­junge Vater mal ein besseres Leben. Junior soll seine Kindheit nicht auf Parkplätzen verbringen und später nicht als Bulettenbrater jobben müssen. Und deshalb boxt sich Henry durch und wird sich dabei ganz ­nebenbei auch klar darüber, welche Fehler er in der Vergangenheit begangen hat und was er tun muss, um sie nicht zu wiederholen.

Der Roman beeindruckt durch seine empathische und genaue Schilderung der Lebenssituation ­eines wohnungslosen Menschen und lässt dabei offen, ob der Pro­tagonist – gegen die statistische Wahrscheinlichkeit – aus dem Armutskreislauf herauskommt.


Buchcover

Jakob Guanzon: ­Überfluss. Aus dem ­Englischen von Dietlind Falk. ­Elster-Verlag, ­Zürich 2023, 380 Seiten, 25 Euro