Das Gerücht über Israel
Man müsse »Palästina von deutscher Schuld befreien«, hatten kürzlich antiisraelische Demonstranten vor dem Bundesaußenministerium in Berlin skandiert. Hans-Thomas Tillschneider, AfD-Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt, sieht den Angriff der Hamas offenbar als Gelegenheit, auch Deutschland von der »Kollektivschuld« zu befreien. »Was Israel zurzeit im Gaza-Streifen anrichtet«, sei »Unrecht«, heißt es in einem Video, das Tillschneider am Wochenende auf Tiktok veröffentlicht hat, denn Israel »straft die Palästinenser kollektiv«. Man dürfe »nicht das ganze Volk in die Mithaftung nehmen für die Taten einiger weniger«. Genau das Gleiche gelte »übrigens auch für die Deutschen und den Holocaust«.
Die AfD tat sich lange schwer damit, eine klare Position zu finden. Erst am 11. Oktober, also vier Tage nach den terroristischen Anschlägen der Hamas, betrauerte der Bundessprecher der AfD, Tino Chrupalla, auf der Plattform X ausdrücklich alle »Kriegstoten«, rief zu »Deeskalation« und »Diplomatie« auf und forderte eine »tragfähige Lösung für alle Seiten«.
Für die verdrucksten Worte erhielt Chrupalla sogar aus seiner eigenen Partei vereinzelten Widerspruch. Georg Pazderski, der ehemalige AfD-Landesvorsitzende in Berlin, urteilte, dies sei ein »sinnbefreiter, dummer Tweet«. Am Tag darauf nannte der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland im Bundestag den Angriff der Hamas einen Angriff des »politisierten Islam« auf den Westen und damit auch auf »unsere Art zu leben und zu denken«.
Damit setzte er sich nicht nur von Chrupallas Äquidistanz ab, er entfernte sich auch vom gerade verabschiedeten Europawahlprogramm der AfD. Dort hat sich die Partei von der Idee des Westens deutlich verabschiedet. Vielmehr solle Deutschland »einen unabhängigen Pol« bilden, indem es sich von den USA ab- und anderen Mächten zuwendet – beispielsweise Russland, China und auch dem Iran.
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