Mittwoch, 17.01.2018 / 14:57 Uhr

»Knud gegen Böse«, Teil eins: Einzelhaft mitten in Berlin

Von
Knud Kohr

Guten Tag!

Sie erinnern sich? Ich bin der Neue. Obwohl ich persönlich eigentlich gar nicht mehr so neu bin. Wenn ich die Nacht unbeschadet überstehe, werde ich morgen als 52jähriger aufwachen. Heute bin ich gerade mal wieder in meinem Haus eingesperrt. Einzelhaft im Schatten vom Schloss Charlottenburg. Dass meine Wohnung laut Vertrag barrierefrei und behindertenfreundlich ist, nützt mir nichts, wenn sich die Hausbesitzer der Firma Inter Real einen Dreck um den Erhalt dieses Status kümmern.

 

Im letzten Spätsommer und Herbst war die Elektrotür zur Straße gleich drei Monate lang defekt. Seit vorgestern hat sie jetzt einen neuen Schaden auf Lager. Sie öffnet und schließt sich scheinbar permanent. Vor allem aber ohne Vorwarnung.

 

Eigentlich begann der Ärger schon vergangenen Donnerstag. Am Spätnachmittag hing im Inneren des Fahrstuhls ein handgeschriebener Zettel. Ab sofort könne man leider den Fahrstuhl nicht mehr benutzen.

 

Gerade auch zur Sicherheit der Mieter. Unter denen sich viele Schwerbehinderte befinden. Wichtige Teile des Fahrstuhls seinen nämlich von Ermüdungsschäden gefährdet.

 

Aber man habe bereits reagiert. Ersatzteile seien bereits bestellt. Bei derselben Firma übrigens, die für die Lieferung der Elektrotür-Ersatzteile drei Monate gebraucht hat.

 

Da etliche Mieter des Hauses schwerbehindert sind, hagelte es sofort Protest von den Mietparteien und ihren Betreuern. Schon im Herbst wurden die Proteste so lange ignoriert, bis am nächsten Ersten Teile der Miete einbehalten oder nur unter Vorbehalt überwiesen wurden.

 

Da ging dann plötzlich alles ganz schnell. Bis letzten Donnerstag.

 

Meine Damen und Herren, langweile ich Sie eigentlich sehr? Erstmal sei Ihnen gedankt, dass Sie wacker bis hierhin gelesen haben.

 

Wie ich bereits schrieb, soll es in diesem Blog um das Leben eines Schwerbehinderten mittleren Alters in Berlin gehen.

 

Wenn ich daran denke, wie die Multiple Sklerose in den letzten Jahren mein Leben eingeschränkt hat, könnte ich eigentlich nur noch heulen.

 

Heute morgen zum Beispiel musste ich plötzlich an eine Situation vor ungefähr acht Jahren denken. Da bretterte ich mit zwei Kollegen an Denver, Colorado vorbei.

 

Einige Kilometer später würde es in die Rocky Mountains gehen, wo ich am kommenden Tag eine Lesung haben würde.

 

Aus den Boxen bretterte „Paradise City“ von Guns and Roses.

 

Wenn ich daran denke, werde ich schon wieder ganz traurig. Naja, immerhin schneit es draußen. Da habe ich einen Grund, warum ich heute mit verstockter Laune in meiner Wohnung bleibe.

 

Haben Sie bitte noch einen schönen Tag. Ich melde mich wieder.