Freitag, 14.07.2017 / 15:26 Uhr

Besuch in der Bastille des Iran

Von
Gastbeitrag von Kazem Moussavi

Es ist die Pflicht der Vertreter Deutschlands im Iran Courage in Menschenrechtsfragen zu zeigen und sich für die Abschaffung der Verfolgung und Hinrichtung von Oppositionellen, Frauen, Homosexuellen und Minderheiten und für die Freilassung der politischen Gefangenen einzusetzen.

Marian Schuegraf, allerdings, die Gesandtin und Chargée d’affaires der Deutschen Botschaft in Teheran beteiligte sich an einer Besichtigungsfarce inklusive Festmahl im Gefängnis Evin, den die iranische Justiz am 5.7. für 45 ausgesuchte internationale Botschaftsvertreter organisierte. In Evin wurden unter anderem die Massenhinrichtungen politischer Gefangenen im Sommer 1988 durchgeführt. Und dort wartet derzeit die Mehrheit von 4800 im Land zur Hinrichtung verurteilten Iraner auf ihre Exekution. Das Leben dieser Gefangenen hängt von der Hilfe der Vertreterin der Bundesregierung, Marian Schuegraf, wie auch der Teilnehmer anderer europäischer Länder an der Gefängnis-Tour ab. Diese Hilfe wird den zum Tode verurteilten zynisch verweigert.

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Das Gefängnis darf weder von außen noch von innen fotografiert werden. Die iranisch-kanadische Fotografin Zahra Kazemi wurde im Juli 2003 wegen Aufnahmen der Proteste von Familienangehörigen der im Zuge der damaligen Studentenproteste inhaftierten vor dem Evin-Gefängnis festgenommen und im Gefängnis zu Tode gefoltert.

Evin gilt im Iran als ein Bastille-gleiches Symbol für die Schreckensherrschaft des Regimes. Den UN-Sonderbeauftragen für Menschenrechte und Gefängnisse wird der Zutritt verwehrt. Auf Fotos von dem Werbe-Event im „Garten“ des Gefängnisses trägt Schuegraf ein bedrücktes Gesicht zur Schau.

Die Evin-Visite der Botschaftsgesandten fand ausschließlich im Trakt 4 des Gefängnisses statt. Es gibt in der Tat noch unzählige weitere Trakte. Trakt 209 wird unmittelbar vom Geheimdienst und der Revolutionsgarde kontrolliert. Dort sind Folter und Misshandlungen von Oppositionsmitgliedern und Systemgegnern an der Tagesordnung. Gefangene werden monatelang in kleine Särge mit den Maßen 50x80x140 cm gesteckt, um ihren Willen zu brechen. Oder sie werden mit Schlägen und Elektroschocks oder dem Einsatz einer so genannten „Wahrheitsdroge“ und „Weiße Folter-Methoden“, eine Kombination aus Manipulation, Einschüchterung und Isolation, zu falschen Geständnissen gezwungen. Für die Folterung werden auch aus Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern importierte Foltergeräte benutzt sowie perfide Hand- und Fußabschneide-Maschinen eingesetzt. Der überwiegende Teil der Gefangenen leidet unter einem bedrohlichen Gesundheitszustand, aufgrund von Mangelernährung, dem Fehlen von Medikamenten und des katastrophalen Hygienezustandes in 1x2m kleinen Einzelzellen, in denen zumeist mehrere Gefangene untergebracht werden. Manche sind seit drei Jahrzenten inhaftiert und einige werden nach dem Absitzen ihrer Haft aufgehängt. Auch diejenigen Häftlinge, die gegen Zahlung einer hohen Geldstrafe freigelassen wurden, werden meistens kurz später wieder inhaftiert.

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