Mittwoch, 30.08.2017 / 13:12 Uhr

Wenn der Islamist (mal wieder) zum richtigen Zeitpunkt kommt

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Wäre ich, was man gemeinhin einen moderaten syrischen Rebellen nennt, dann hätte ich vielleicht einen Blick in den letzten entsprechenden Bericht des US-State Departments geworfen und gelesen, dass "the Iranian regime allows al Qaeda to maintain a key facilitation network on its soil. This formerly clandestine network is the result of a specific “agreement” between the Iranian government and al Qaeda’s leadership".

Vielleicht würde ich mich auch noch daran erinnern, dass früher, als sie noch keine Verbündeten waren, die irakische Regierung Assad scharf für ihre Unterstützung von Al Qaida kritisierte, ja ich wüsste um das jahrzehntelange gute Verhältnis zwischen dem Regime in Damaskus und noch jeder islamischen (und panarabischen) Terrororganisation, die weltweit operiert. Schließlich ist es längst kein Geheimnis mehr, dass Assad auch mit dem IS kooperiert, so es ihm in den Kram passt, eine Tatsache, auf die die syrische Opposition immer wieder hingewiesen hat.

Was da gerade in Idlib geschieht, passt ganz ideal ins Drehbuch der "Achse des Widerstandes".

Da ich als syrischer Rebell in einem Land aufgewewachsen wäre, in dem Verschwörungstheorien zum Alltag gehören, man mit ihnen von Kindesbeinen an aufwächst, würde also auch ich mir öfter die "Cui bono"-Frage stellen. Etwa wenn ich sehen würde, wie dieser Tage weitgehend ungehindert Al Qaida die Kontrolle in Idlib übernimmt, der letzten von Rebellen gehaltenen Provinz in Syrien. 

Vielleicht würde ich auch russische Zeitungen verfolgen und wäre dann gar nicht verwundert, etwa bei Sputnik zu lesen, dass "with al-Qaeda affiliated forces having seized Idlib, an all-out military campaign against terrorists appears to be an appropriate response."

Denn Hay’at Tahrir al-Sham (HTS), wie sich Al Qaida in Syrien jetzt nennt, gilt ja auch für die USA als zu bekämpfende Terrororganisation, sollten Russen, Iraner und Syrer also nun eine Offensive in Idlib starten, dann wäre dies ja eine völlig legitime Aktion gegen Terroristen, gegen die sie  ja seit 2011, wie es in ihrer Propaganda heißt, ihren Krieg führen. Wer im Westen, wo man eh nur noch auf den Sieg Assads wartet, wollte da etwas sagen? Könnte Al Qaida zu einem für das Regime passenderen Zeitpunkt ihre Offensive starten, die nebenbei auch noch die Türkei in arge Bedrängnis bringt?

Washington hat ja schon vor einiger Zeit klar gemacht, dass es den Russen wohl grünes Licht geben werde, sollte geschehen, was nun passiert ist, oder anders ausgedrückt, genau so liest man eine solches Statement in Moskau:

The United States warned a takeover of rebel-held northwestern Idlib province by Syrian jihadists linked to a former al-Qaida affiliate would have grave consequences and make it difficult to dissuade Russia from renewing bombing that recently stopped.

Ich stellte mir also die "Cui bono"-Frage und die Antwort fiele mir leicht: Was da gerade in Idlib geschieht, passt ganz ideal ins Drehbuch der "Achse des Widerstandes". Besseres könnte ihnen momentan eigentlich gar nicht passieren.