Dienstag, 03.11.2020 / 09:47 Uhr

Wien, Kabul, Terror

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Fragmente zu den Terroranschlägen von Wien, Kabul und dem War on Terror

 

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Afganischer Kriegsteppich, Bildquelle: Orientbazar.eu

 

Kenan Dogan Güngör zu dem Terror in Wien:

Ich frage mich, ob dieser Terroranschlag wohlmöglich für etwas noch Größeres, Erschütternderes geplant war. Mit dem relativ kurzfristig angekündigtem Lock-Down und den Ausgangsbeschränkungen war es die letzte Möglichkeit – um im zeitnahem Verhältnis der Karikaturen und der Anschläge in Frankreich bleiben - so viele Menschen beim Ausgehen in den Abgrund zu ziehen. Die der Bewaffnung und kaltblütigen, konzertierten Aktion mehrerer Terroristen hätte viel mehr Opfer nach sich ziehen können, was - dem mutigen und schnellen Polizeieinsatz sei Dank - verhindert wurde.

Meine Gedanken und mein Mitgefühl sind bei den Opfern des Anschlags und Danke nochmals den Sicherheits- und Rettungskräften für ihren gefährlichen Einsatz. Sie konnten Schlimmeres abwenden. Ich hoffe, dass es zu keinen weiteren Opfern kommt.

Das ist einer der mutmaßlichen Täter, der seine Tat auf Instagram ankündigte. Auch wenn ich nicht religiös bin: Mögest Du mit deinem Gleichen in einem ganz besonderen Platze in der Hölle schmorren."

Es herrscht Krieg

Nun reden sie von Krieg. Aber als 2006 davon gesprochen wurden, gab es kaum jemanden in Europa, der ihnen zugestimmt hat. Der sie sagte, galt entweder als furchtbar dumm oder irgendwie neuer Faschist.

Man tat nämlich im Gegenteil, gerade in Deutschland, Österreich und Frankreich alles, um seine Pläne und Ideen zu sabotieren.

Dieser Krieg nur findet seit Jahrzehnten statt, mit ganz wenigen Ausnahmen wollte das in "Old Europe" eben nur niemand wahrhaben.

"The war we fight today is more than a military conflict; it is the decisive ideological struggle of the 21st century. On one side are those who believe in the values of freedom and moderation – the right of all people to speak, and worship, and live in liberty. And on the other side are those driven by the values of tyranny and extremism; the right of a self-appointed few to impose their fanatical views on all the rest. As veterans, you have seen this kind of enemy before. They're successors to Fascists, to Nazis, to Communists, and other totalitarians of the 20th century."

Wer das sagte?: George W. Bush. Und es ist Krieg und zwar ein globaler.

Massaker in Kabul

Der selbe Islamische Staat, auf dessen Konto offenbar der grauenvolle Terror von Wien ging, hatte am selben Tag in Kabul ein Massaker an der dortigen Universität angerichtet, bei dem 22 Studentinnen und Studenten ermordet, eher abgeschlachtet wurden.

Warum? Einfach so. Einfach weil sie studierten und das schon gilt als gefährlich und verwerflich, ganz besonders für Frauen. Weil sie ein anderes Leben leben wollten und weil sie in ihrem Land geblieben sind und nicht wie Millionen anderer vor diesen Barbaren geflohen sind.

Kabul und Wien geschahen am selben Tag. Sie sind Teil genau dieses globalen Krieges, der, das eigentlich hätte spätestens nach dem 11.9. 2001 klar sein müssen, auch nur global gewonnen hätte werden können.

Leider nur sind heute die Taliban, die George W. Bush zu recht noch als Islamfaschisten bezeichnete, "Partner" in einem Friedensprozess, der Kampf gegen den IS ist de facto eingestellt, die Mullahs im Iran gelten eh als Dialogpartner, die türkische Regierung lässt man gewähren, über die aktive Unterstützung Pakistans der Taliban und anderer redet eh niemand mehr, ebenso wenig wie davon, die Ursachen des Ganzen zu bekämpfen.

Ganz im Gegenteil: Solange nur in Afghanistan, Syrien, dem Irak und anderen Ländern, ganz weit da hinten die Leute zu Tausenden abgeschlachtet werden, ging es "uns" ja eigentlich nichts an. So gewinnt man keine globalen Kriege und stellt nun fest, dass die anderen es immer anders gesehen haben. Sie hat es nicht interessiert, dass Europa den Dialog suchte - fast immer mit den Falschen -, denn sie haben ihren Krieg weiter geführt und Europa ist für sie eben auch Teil des Schlachtfeldes. Heute vielleicht mehr denn je, denn im Nahen Osten hat der Wind längst gedreht, verändert sich die Lage dramatisch. Nicht so in Europa, wie die jüngsten Anschläge in Paris, Dresden, Nizza und nun Wien zeigen.