Dienstag, 16.02.2021 / 20:58 Uhr

Türkische Zustände in Irakisch-Kurdistan

Von
Amed Sherwan

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Den ersten Mord an einem Journalisten habe ich mit 12 Jahren wahrgenommen, als Sardasht Osman entführt und tot aufgefunden wurde. Ich erinnere mich an mehrere Fälle, wo kritische Stimmen aus der Öffentlichkeit verschwunden sind, weil sie kaltgestellt oder anders zum Schweigen gebracht wurden. Die Regierung hat die Verantwortung dafür selbstverständlich immer bestritten in dem Versuch, das Image als freiheitlich-demokratische Region zu wahren.

Damit ist jetzt endgültig vorbei. Heute sind die unabhängigen Journalisten Sherwan Sherwani, Eyaz Karam und Guhdar Zebari sowie die Bürgerrechtsaktivisten Shvan Saeed und Hariwan Essa in Erbil wegen »Verstößen gegen die nationale Sicherheit« (§ 156, Abs. 21) zu jeweils 6 Jahren Haft verurteilt worden.

Mit dem regierungskritischen Journalisten Sherwan Sherwani bin ich seit Jahren auf Facebook befreundet, sein Profil ist aber inzwischen von Facebook verschwunden. Bereits im Oktober ist Sherwani in seiner Wohnung in Erbil von Sicherheitskräften verhaftet worden nachdem die Regierung ihm vorgeworfen hatte, von ausländischen Geldgebern finanziert zu werden und »den Staat zu destabilisieren«. Zudem wird Sherwani vorgeworfen, mit seiner Berichterstattung das Leben von irakischen Richtern gefährdet und gewalttätige Proteste ausgelöst zu haben. Nach Informationen von »Reporter ohne Grenzen« soll Sherwani unter Folter zu einem umfassenden Geständnis gezwungen worden sein.

Das Verfahren weckt böse Erinnerungen an die Zeiten Saddam Husseins und natürlich an den Umgang mit freiem Journalismus in der Türkei. Ich hoffe auf internationalen Druck auf die Regierung.