Montag, 31.05.2021 / 17:13 Uhr

Mafiaboss Sedat Peker spricht über die Verwicklungen der Türkei in Syrien

Von
Murat Yörük

Bildquelle: Youtube

In seinem achten Video beschäftigt sich Sedat Peker mit der türkischen Syrienpolitik und kündigt an, sich bald auch mit Präsident Erdogan selbst beschäftigen zu wollen

Brisante Enthüllungen versprach zuletzt der türkische Mafiaboss Sedat Peker. Er werde dem türkischem Regime „ein Arm und ein Bein herausreißen“, hieß es vergangene Woche auf Twitter, nachdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan vergangenen Mittwoch sein wochenlanges Schweigen brach und sich hinter den türkischen Innenminister Süleyman Soylu gestellt hat. Das war ein deutliches Zeichen an Peker, der seit Anfang Mai mit Enthüllungsvideos, die zwischenzeitlich über 80 Millionen Mal aufgerufen wurden, auf YouTube zu einem Star aufgestiegen ist. Mit Spannung wurde deshalb das achte Video des türkischen Paten erwartet. Gestern war es soweit, und innerhalb eines Tages verzeichnet es bereits 10 Millionen Aufrufe.

In den bisherigen Videos zeichnete sich zwar eine Stoßrichtung an; Folge für Folge rückte unverkennbar der türkische Präsident ins Zentrum; doch er blieb insoweit verschont, dass lediglich dessen näheres Umfeld den Angriffen ausgesetzt war. Das dürfte sich nun ändern, nimmt man Peker beim Wort. Er kündigte, ohne weiter darauf einzugehen an, dass er im kommenden Video mit Erdoğan persönlich abrechnen werde. Mit Belegen werde er unter anderem offenlegen, wann und wo sie sich kennenlernten, zu Zeiten bereits, als Erdoğan politisch schwach war, also weder Ministerpräsident noch Staatspräsident war. „Das waren Zeiten, als du ein Niemand warst, und ich war da, ohne mich in den Vordergrund zu stellen“, so Peker.

Kontake zur al-Nusra Front

Ausführlich schildert Peker im neuen Video die Verwicklungen der Türkei in den syrischen Bürgerkrieg.

„Nachdem die Lieferung der MIT (Anm.: Türkischer Geheimdienst) an der türkischen Grenze abgefangen wurde, lieferten wir an die Turkmenen aus Bayirbucak Drohnen, Kleidung, Funkgeräte, Sicherheitswesten. Mehrere LKWs. Wir sprachen mit einem befreundeten Abgeordneten, auch er hat Lieferungen über uns abgewickelt. Später sagten sie, hier sind noch weitere LKWs. Und es gibt noch andere Transporte, die über meinen Namen abgewickelt wurden. Deren Lieferungen würden an andere Turkmenen an anderen Orten gehen, sagten sie mir. In diesen Fahrzeugen waren Waffen, wir sind ja keine Kinder, wir wussten das also. (…) Es wurde von SADAT organisiert. Und unter meinem Namen geliefert. So fanden keine Grenzkontrollen statt, nichts wurde protokolliert, die Lieferung konnte sofort die Grenze passieren.“

Peker nennt Ramazan Öztürk und Murat Sancak als diejenigen, die ihn mit Wissen des Präsidentenpalastes dabei unterstützt haben sollen, eben jene Lieferungen an die turkmenischen Einheiten in Syrien zu organisieren. Peker bezichtigt sich selbst, nennt weitere Details über die Abwicklung der Lieferungen, und legt die Spur zur türkischen Organisation SADAT – eine Privatarmee Erdoğans – offen, die über ihn auch Waffen an die al-Nusra-Front geliefert habe.

„Jene Turkmenen haben sich mit Videos bei mir bedankt. Dann habe ich festgestellt: Da sprechen ja zwei Personen arabisch. Später erzählte mir ein turkmenischer Freund, die seien von der al-Nusra. Andere Freunde sagten, diese zusätzlichen Lieferungen seien an al-Nusra gegangen. Alles wurde über mich abgewickelt, aber ich habe nichts entsandt, das war die Lieferung von SADAT.“

Ein wichtiger Name sei in diesem Zusammenhang Murat Sancak, der für das Präsidentenpalast solche und ähnliche Geschäfte in Syrien mit dem Kontaktmann der al-Nusra-Front Ebu Abdurrahman koordiniere. In einem seiner Istanbuler Villen verweile auch derzeit der Schwiegersohn Erdoğans, Berat Albyarak, der nach seinem Rücktritt als Finanzminister seit Monaten untergetaucht ist.

Zwischenzeitlich hat Adnan Tanriverdi, der Chef von SADAT die Aussagen von Peker verneint. „In Syrien hat SADAT keinerlei Aktivitäten. Mit Sedat Peker habe ich keine Beziehungen, zu keinem Zeitpunkt jemals Kontakt.“