Montag, 24.01.2022 / 11:24 Uhr

Pakistan: Atomar bewaffneter Failed State

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Islamistische Demonstration 2018, Bildquelle: Flickr

Erneut wurde in Pakistan ein Todesurteil wegen Blasphemie verhängt. Trotzdem gilt das Land als Verbündeter des Westens

Aus irgend einem Grund gilt Pakistan noch immer als irgendwie verbündet mit dem Westen. Dabei unterstützte es kontinuierlich die Taliban und der pakistanische Geheimdienst pflegt engste Verbindungen zu Al Qaida. Das Haqqani Netzwerk der Taliban stand und steht de facto unter seinem Schutz. Auch allerlei anderen Jihadisten und radikale Islamisten verfügen über eine solide Machtbasis im Land und indoktrinieren Generation nach Generation:

Pakistan’s over 20,000 madrassas (religious seminaries) continue to fuel militancy as reported on numerous occasions by the New York Times and others. Inculcating and inciting the spirit of jihad among children as young as five, madrassas have been rightly denounced by numerous international observers, including Colin Powell, who as early as 2004 pointed to these seminaries as the breeding grounds of “fundamentalists and terrorists”. (...)

The right-wing Pakistan Muslim League (Nawaz), which has a soft spot for the extremists, has even been doing seat-adjustments with the sectarian groups during elections.

Diese Zeilen stammen aus einer längeren Analyse, die Adnan Qaiser vor acht Jahren veröffentlichte und die an Aktualität nichts verloren hat. Er kam damals zu dem Schluss:

When we step back and consider the economic mess, sectarian and ethnic violence, crime, and religious persecution tearing Pakistan apart, it is not surprising that the country is ranked 146th out of 157 countries by United Nations’ Human Development Index. It’s an irony that in a nuclear armed Pakistan having more than 100 nuclear warheads with world’s most advanced ballistic missile technology half of the population live below poverty line and the government has made some of the world’s lowest investments in health and education.

Aber weiterhin unterstützen die USA und Europa eine pakistanische Regierung, die genau weiß, wie die Spielregeln gehen: Droht eine Kürzung der Hilge stärkt man intern ein wenig die Islamisten und präsentiert sich dann als kleineres Übel. Oder, wie Foreign Policy es kürzlich treffend sagte: Pakistan sei "ein Brandstifter, der einen glauben machen will, er sei der Feuerwehrmann".

Wo Pakistan weltweit führend ist

Immerhin ist Pakistan inzwischen nur noch auf Platz 154 von 189 im Human Development Index, aber  An zwei Punkten führt Pakistan es weltweit ganz oben die Statistiken an. Erstens sind so genannte Blasphemieprozesse, die zudem oft auf an den Haaren herbeigezogenen Anklagen basieren. Zur Zeit sitzen 80 Menschen deswegen in Haft, Schlagzeilen hat letztes Jahr das Verfahren gegen einen achtjährigen Jungen gemacht, dem vorgeworfen wurde, in eine Koranschule gepinkelt zu haben.

Vor wenigen Tagen wurde ein weiteres Todesurteil wegen Blasphemie verhängt:

In Pakistan ist eine 26-Jährige wegen einer „blasphemischen“ WhatsApp-Nachricht zum Tod verurteilt worden. Ein Gericht in Rawalpindi befand die Muslimin gestern schuldig, in ihrem WhatsApp-Status „blasphemisches Material“ veröffentlicht und Karikaturen des Propheten Mohammed verschickt zu haben. Solche Karikaturen sind im Islam streng verboten.

Ein Freund hatte sie demzufolge aufgefordert, ihren WhatsApp-Status zu löschen. Stattdessen habe sie das Material an ihn weitergeleitet. Die junge Frau war bereits im Mai 2020 verhaftet worden. Das Gericht ordnete an, sie „am Hals aufzuhängen, bis sie tot ist“, und verurteilte sie zudem zu 20 Jahren Haft.

In Erinnerung kommen einem da die Bilder der von islamistischen Gruppen organisierten Massendemonstration 2017, in denen die Exekution der wegen Gottesleugnung angeklagten Asia Bibi gefordert wurde.

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Demonstration 2017, Bildquelle: Asianews

Zweitens ist Pakistan auch das Land, in dem weltweit die meisten Pornoseiten aufgerufen werden, das als sechstgefährlichste für Frauen gilt und dessen Präsident, vergangenes Jahr öffentlich Frauen die Schuld gab, wenn sie vergewaltigt werden. 

Imran Khan "said that sexual violence was a result of "increasing obscenity", adding it was a product of India, the West and Hollywood movies.The prime minister said women in Pakistan should remove "temptation" because "not everyone has willpower". He said women should observe purdah - a term referring to women wearing modest clothes around men or segregation between sexes.

Last year Imran Khan was criticised following a similar national television interview, where he failed to challenge a Muslim cleric's opinion that women were to blame for the coronavirus pandemic.

Kurzum, es ist nicht ganz falsch, wenn einige die Behauptung aufstellen, Pakistan sei ein atomar bewaffneter failed state.