Die Türkei besitzt in Kasachstan ­weniger Einfluss als Russland

Zwischen Erdoğan und Putin

Die türkische Regierung versucht, ihren Einfluss in den ehemaligen Sowjet­republiken in Zentralasien zu vergrößern. Der Aufstand in Kasachstan hat gezeigt, dass Russland dort weiterhin die Führungsrolle spielt.

Als das kasachische Regime wegen sich ausbreitender Proteste unter Druck geriet, griff der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan zum Telefon. Einer Pressemitteilung der türkischen Regierung zufolge habe er am Donnerstag voriger Woche in einem Telefonat mit seinem kasachischen Amtskollegen Qassym-Schomart Toqajew gesagt, die Türkei sei bereit, Kasachstan jegliche nötige Unterstützung zu gewähren.

Am selben Tag schickte der russische Präsident Wladimir Putin Truppen in die ehemalige Sowjetrepublik. Am Vortag hatte Toqajew militärische Unterstützung von der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) angefordert, einem von Russland geführten Militärbündnis, dem neben Kasachstan auch Belarus, Armenien, Kir­gisien und Tadschikistan angehören. Somit verbuchte Putin einen Erfolg im Kampf um Einflusssphären mit Erdoğan.

Turkmenistan hat türkische Drohnen angeschafft, Kasachstan bekundete kürzlich ebenfalls Interesse.

Trotz aller Konflikte treten Putin und Erdoğan als Partner auf, die wichtige Fragen untereinander ausmachen. Für Putin ist die Beziehung zum Nato-Mitglied Türkei eine Möglichkeit, US-amerikanischen Einfluss zu schwächen, Erdoğan demonstriert damit weltpolitische Relevanz und Unabhängigkeit vom Westen.

Dabei stehen die beiden de facto zumeist auf entgegengesetzten Seiten. In Syrien unterstützt Putin Präsident Bashar al-Assad, Erdoğan islamistische Milizen. In Libyen unterstützt Putin den windigen Warlord Khalifa Haftar, Erdoğan die »Regierung der nationalen Einheit« (GNU). Das christlich-orthodoxe Russland hat traditionell gute Beziehungen zum ebenfalls christlich-orthodox geprägten Griechenland und zu Zypern. Es steht daher auch im Zypern-Konflikt und im Streit um Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer zwischen Griechenland und der Türkei nicht auf der Seite Letzterer.

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