Russland zerstört systematisch zivile Infrastruktur in der Ukraine

Die Drohnen der Ayatollahs

Mit systematischen Angriffen auf die ukrainische Infra­struktur will Russland die Widerstandsbereitschaft der Ukraine brechen. Möglich macht das die Allianz mit der Islamischen Republik Iran.
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Als die russische Armee am 10. Oktober mit Raketen und Drohnen Ziele in der gesamten Ukraine beschoss, wurde das als Vergeltungsaktion für den mutmaßlichen ukrainischen Angriff auf die Kertsch-Brücke wenige Tage zuvor präsentiert. Mittlerweile dürfte jedem klar sein, dass dies kein Anlass, sondern ein Vorwand gewesen ist. Russland zielt darauf, mit systematischer Zerstörung der Infrastruktur die Bevölkerung zu terrorisieren und unerträgliche Lebensbedingungen zu schaffen. Die Raketenangriffe reißen nicht ab, aber es sind vor allem die aus dem Iran bezogenen »Kamikazedrohnen«, die für Verheerung sorgen.

Das ukrainische Stromnetz stammt zu weiten Teilen aus der Zeit der Sowjetunion. Die russische Armee weiß, wo die verwundbaren Punkte sind. Wie die Washington Post berichtet, zielen die Drohnenangriffe auf Umspannwerke, um systematisch das Stromnetz im ganzen Land lahmzulegen. Das beeinträchtige auch Kraftwerke, die neben Strom Wärme für ukrainische Städte liefern. Bereits jetzt sind regelmäßige Stromausfälle in zahlreichen Städten die Folge, wodurch in höheren Häusern die Wasserversorgung zusammenbricht.

Die Aussichten für die Ukraine sind düster: Der Strommangel bedroht die letzten Reste der industriellen Aktivität und beschleunigt den wirtschaftlichen Zusammenbruch, es droht eine humanitäre Katastrophe. Eine neue Flüchtlingsbewegung in die EU dürfte die Folge sein. Die Ernennung des Generals Sergej Surowikin, der als Kommandeur der russischen Streitkräfte in Syrien die Bombardierung von Städten wie Aleppo und die gezielte Zerstörung ziviler Infrastruktur, von Strom- und Wasserversorgung bis hin zu Krankenhäusern, befehligte, zum Oberkommandeur der russischen Invasionsarmee am 8. Oktober ist da ein verhängnisvolles Zeichen.

Wie in Syrien ist die Islamische Republik Iran in der Ukraine Partner der verbrecherischen Kriegsführung Russlands. Sie liefert nicht nur Angriffsdrohnen und möglicherweise auch Raketen, den USA zufolge sollen sich auch iranische Ausbilder auf der Krim befinden. Die beiden international isolierten Regime unterstützen sich so ­gegenseitig bei ihrer längst zum Dauerzustand gewordenen Kriegsführung. Es ist nur folgerichtig, dass auf der großen Demonstration gegen das iranische Regime in Berlin am Wochenende neben syrischen auch ukrainische Flaggen zu sehen waren. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte bei einer Konferenz der israelischen Zeitung Haaretz am Montag, Russland könnte den Iran im Gegenzug bei dessen Entwicklung einer Atombombe unterstützen.

Angesichts der Verheerungen, die Russland in der Ukraine anrichtet, wäre nichts wünschenswerter als ein schnelles Ende des Krieges. In Deutschland nehmen die Stimmen zu, die auf neue Verhandlungen drängen. In den USA forderten zwei Wochen vor den Wahlen 30 linke Abgeordnete der Demokraten im Repräsentantenhaus Verhandlungen über einen Waffenstillstand; vom rechten Flügel der Republikaner werden längst Forderungen nach einem Ende der Unterstützung der Ukraine laut. Aber die ukrainische Seite hat kein Vertrauen mehr in russische Zusagen und es gibt keine Hinweise darauf, dass Russland das Ziel, die Ukraine zur Kapitulation zu zwingen, aufgegeben haben könnte. Das russische Exilme­dium Meduza berichtete Mitte Oktober unter Berufung auf Quellen »aus dem nahen Umfeld des Kreml«, dass Russland beabsichtige, einen Waffenstillstand zu nutzen, um seine Armee neu aufzustellen und im Februar oder März erneut eine Großoffensive zu starten.