Ein neuer Name und eine neue Strategie sollen die NPD aus der Bedeutungslosigkeit holen

Das Image aufpolieren

Seit Jahren befindet sich die rechtsextreme NPD im Niedergang: Die Partei hat immer weniger Mitglieder und kaum noch Wähler. Mit neuem Namen und neuer Strategie versucht die Partei nun, wieder an Bedeutung und Einfluss zu gewinnen.

Unter neuem Namen will die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) eine »Anti-Parteien-Bewegung« initiieren. Als solche wolle sie es sich zur Aufgabe machen, »starke patriotische Netzwerke, wirksame Bündnisse auf der Straße, in den Parlamenten und im vorpolitischen Raum« zu organisieren. Dafür tritt die älteste rechtsextreme Partei hierzulande fortan unter dem Namen »Die Heimat« an. Das ist das Ergebnis des Bundesparteitags im sächsischen Riesa Anfang des Monats. Eingebracht hat das Konzept der Bundesvorstand.

Jahrelang hatte die Partei zuvor debattiert, nun votierten 77 Prozent der Delegierten für die Namensänderung. Auf dem Bundesparteitag im Vorjahr war das Vorhaben noch gescheitert. Damals hatten die Traditionalisten sich erfolgreich gesperrt. Drei Stimmen fehlten nach Angaben des Parteivorsitzenden Frank Franz für die benötigte Zweidrittelmehrheit.

Die Umbenennung ist eine Konsequenz aus der anhaltenden Erfolglosigkeit der Partei bei den Landtagswahlen. Die Nationaldemokraten hatten 2014 den Wiedereinzug in das sächsische Landesparlament, in dem sie seit 2004 vertreten waren, verpasst und flogen zwei Jahre später auch aus dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Seither ist die NPD in keinem Landesparlament mehr vertreten – und hat beinahe die Hälfte ihrer Mitglieder verloren.

»Die Umbenennung der NPD ist Ausdruck der eigenen Schwäche im Angesicht der parlamentarischen Erfolge der AfD einerseits und von neurechten Bewegungsansätzen der letzten Jahre wie den ›Querdenkern‹ andererseits«, sagte Tina Simons, Pressesprecherin der Basisgruppe Antifaschismus Bremen, der Jungle World. Der Strategiewechsel ist aus Sicht von Marina Renner, der Sprecherin für antifaschistische Politik in der Bundestagsfraktion der Linkspartei, »ein Versuch, sich dem Vorgehen anderer extrem rechter Kleinstparteien wie dem ›III. Weg‹ anzugleichen«.

»Nirgendwo in den jüngsten rechten Bewegungsansätzen hat die NPD irgendeine relevante Rolle gespielt, sie verliert permanent Mitglieder und verfügt über keinerlei strategische Ausstrahlung«, schätzte Simons die Lage der Partei ein. Diese Erfolgslosigkeit sei »untrennbar mit dem Namen NPD verbunden«. In ihrer einstigen Hochburg Sachsen agieren einige Funktionäre der NPD erfolgreich unter dem Label der »Freien Sachsen«. Bundesweit gelang es ihnen aber nirgends, eine ähnliche regionale Mobilisierung mitzugestalten.

»Die Umbenennung der NPD ist Ausdruck der eigenen Schwäche im Angesicht der parlamentarischen Erfolge der AfD.« Tina Simons, Pressesprecherin der Basisgruppe Antifaschismus Bremen

Die »Alternative für Deutschland« (AfD) macht der NPD nicht nur in den Parlamenten Konkurrenz. Auch die völkischen und rassistischen Mobilisierungen auf der Straße beeinflusst die AfD maßgeblich. Gleichzeitig ist es der neonazistischen Kleinstpartei »Der III. Weg« gelungen, viele ehemalige Mitglieder der Nationaldemokraten abzuwerben.
Im rechtsextremistischen Lager sei zwar »Platz für ein auf Bewegungen gerichtetes Netzwerk, das versucht, parlamentarisches Wirken mit faschistischen Inhalten zusammenzubringen«, so Simons. Aber sie bezweifelte, »ob das mit dem, auch im eigenen politischen Sinne, reaktionären politischen Personal der NPD zu machen« sei. Jenseits von einigen regionalen Effekten werde sich für die umbenannte scheintote Partei nicht viel ändern, lautet ihr Fazit.

Kleinere Erfolge kann die Partei derzeit nur bei lokalen Wahlen erringen. So gelang der NPD zuletzt im schleswig-holsteinischen Neumünster mit 5,6 Prozent der Wählerstimmen der Wiedereinzug in die Ratsversammlung. Bei der Wahl 2018 waren es 3,9 Prozent gewesen.

Der Wahlkampfauftritt in Neumünster im Frühjahr lief bereits unter dem Namen »Heimat Neumünster«, obwohl bundesweit die Umbenennung längst noch nicht beschlossen war. Als Grund hatte der Landesverband angegeben, dass viele Bürger, die man bei Coronaprotesten und Demonstrationen gegen Energiepreiserhöhungen und Inflation angetroffen hätte, »zu einer systemkritischen Politik bereit« seien, »vor den ›drei Buchstaben‹« jedoch »die Augen verschließen«. Mit der Umbenennung gehe es dem Verband darum, sich zu öffnen und diese Bürger anzusprechen, hieß es auf der Website der Neumünsteraner Ratsfraktion der NPD.

»Auch wenn die Relevanz der NPD als Akteur abgenommen hat, ist sie ­weiterhin die größte extrem rechte Organisation neben der AfD«, so Martina Renner im Gespräch mit der Jungle World. Die Aktivitäten der Partei und ihrer Jugendorganisation seien trotz deren Bedeutungsverlusts nicht weniger gefährlich für Angehörige von Minderheiten und Linke. »Das hat insbesondere die Beteiligung von Mitgliedern der Jungen Nationaldemokraten an paramilitärischen Übungen in Russland in den vergangenen Jahren deutlich gemacht.« Renner verwies außerdem auf die Verbindungen der NPD zu bündischen Jugendorganisationen wie dem »Sturmvogel«, »die eine wichtige Rolle in der Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen haben«.

Das Bundesverfassungsgericht lehnte 2017 ein Verbot der NPD mit der Begründung ab, dass die Gesinnung der Partei zwar verfassungsfeindlich sei, sie aber nicht das Potential habe, die Demokratie abzuschaffen. Nun haben Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung beantragt, die Partei zumindest von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Dabei berufen sie sich auf Artikel 21, Absatz 3 des Grundgesetzes, der 2017 als Reaktion auf das Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens geschaffen worden war. Anders als für ein Verbot sei hierfür ein Potential, die Demokratie abzuschaffen, nicht erforderlich, so die Überzeugung der Antragsteller. Es ist das erste Verfahren dieser Art; das Bundesverfassungsgericht wird darüber am 4. und 5. Juli verhandeln.