Die Lederjacke und ihre tragende Rolle in der Filmgeschichte

Schutzhülle gegen die Zudringlichkeiten

Zwischen Mainstream und Avantgarde: Die Lederjacke war immer beides. Ob im klassischen ­Hollywood-Film oder bei Experimentalfilmemachern, bei den Halbstarken, den Punks oder den Schwulen, bei Politikern oder politischen Aktivisten – sie erfreute sie sich lange großer Beliebtheit. Diese schwindet aber – dabei hält die Lederjacke das Versprechen auf eine bessere Zukunft bereit.

Ihre Prominenz im Kleiderschrank des Kinos verdankt die Lederjacke vor allem einem Film, nämlich »The Wild One« aus dem Jahre 1953. Der Film machte sie zum modischen Signifikanten popkultureller Freiheitsversprechen im angloamerikanischen Raum und darüber hinaus – was wohl nicht zuletzt damit zu tun hat, wer die Jacke im Film trug, nämlich niemand Geringeres als Marlon Brando.

Die Handlung basiert lose auf einem in die Geschichte eingegangenen Aufstand aus dem Jahr 1947, bei dem es in der Kleinstadt Hollister zu Ausschreitungen, sprich öffentlichen Besäufnissen und Rangeleien, unter kalifornischen Weltkriegsveteranen kam, die das Motorradfahren als Kur für ihre Kriegstraumata entdeckt hatten.

Brando gibt Johnny Strabler, den Anführer einer dieser Motorradbanden, in Jeans und schwarzer Leder­jacke. Das Modell, das er im Film trägt, ist ein Fabrikat des New Yorker Familienunternehmens Schott, in den zwanziger Jahren gegründet von den Brüdern Irving und Jack Schott, Söhnen russisch-jüdischer Einwanderer. Ihre »Perfecto« zeichnete sich aus durch Reißverschlüsse am Revers, an der Taille war sie mit einem Gürtel verschließbar. Zwar finden sich auf der Jacke noch Schulterklappen, doch ein Rang ist hier nicht mehr abzulesen; für den Krieg ist dieses Kleidungsstück nicht entworfen, sonders fürs Motorradfahren.

Marlon Brando war stilbildend für den Lederkerl, der mit seinem Auftreten homophoben Vätern oder schikanierenden Polizisten eine Persiflage der Hypermaskulinität entgegenhält.

Brandos Mitstreiter im Film chargieren, als hinge ihr Leben davon ab, doch er spielte anders: Ein Bild von einem Mann, aber ohne aufdringlichen Machismo. Einmal tritt er zögernd durch die Flügeltür eines beinahe menschenleeren Barraums. Das Gegenlicht der Nachmittagssonne lässt seine Silhouette aufglühen. Wogegen er rebelliere, fragt ihn jemand, und er antwortet: »Was habt ihr denn im Angebot?«

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