Bei den US-Republikanern schwindet die Zustimmung für die Unterstützung der Ukraine

Die Ukraine wird zum politischen Spielball

In den USA sinkt bei republikanischen Wählern die Zustimmung für eine Unterstützung der Ukraine. Das Thema könnte im Präsident­schaftswahlkampf eine große Rolle spielen.

Wenn einige Politiker der Republikanischen Partei derzeit über die Unterstützung der USA für die Ukraine sprechen, können sie dabei gar nicht kaltblütig genug klingen. »Ich werde oft gefragt, ob es das wert ist. Also was haben wir für unsere Investition bekommen? Wir haben nicht einen Soldaten verloren. Wir haben die Kampffähigkeit der russischen Armee um 50 Prozent reduziert. Das ist ein großartiger Deal für Amerika«, sagte beispielsweise Senator Lindsey Graham einem US-Fernsehteam in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Die Ukrainer seien im Begriff, »die russische Armee zu brechen«.

Ein Fernsehspot der »Republikaner für die Ukraine« bringt diese Botschaft auf den Punkt: »Wenn Amerika die Ukraine bewaffnet, kriegen wir viel für einen geringen Preis. Wir haben fünf Prozent unseres Militärbudgets verwendet, um die Ukraine zu bewaffnen. Und damit haben sie 50 Prozent der russischen Armee zerstört.« Auch würde der Kampf gegen Russland dessen Verbündeten China schwächen.

Dass in derart zynischer Offenheit Nationalinteresse und Kosten-Nutzen-Kalkül betont werden, hat einen einfachen Grund: Das ist die Sprache, die Republikaner heutzutage offenbar gerne hören wollen. Besonders dieser Werbespot richtet sich an ein sehr bestimmtes Publikum, nämlich den seit Jahren wachsenden Teil der republikanischen Wähler und Abgeordneten, für welche die US-Außenpolitik nur einen Maßstab haben soll: »America First« – und die wiederum gerade aus dem, was in ihrer Sicht das Nationalinteresse ist, die Ukraine immer weniger unterstützen wollen.

Zwar sind nach wie vor beide großen Parteien, Demokraten wie Republikaner, für die Unterstützung der Ukraine, und viele Republikaner kritisieren die Regierung sogar als zu zögerlich bei Waffenlieferungen, doch die Wählerschaft der Partei ist mittlerweile gespalten. Einer Umfrage von Anfang August zufolge lehnten es 71 Prozent der befragten republikanischen Wähler ab, dass der US-Kongress neue Hilfen für die Ukraine verabschieden sollte; bei den Demokraten waren zumindest noch 61 Prozent dafür. Je näher die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr rückt, desto mehr dürfte diese Differenz anwachsen und die Republikaner so geneigt sein, der Stimmung ihrer Basis nachzugeben.

Donald Trump hat dafür gesorgt, dass für zahlreiche republikanische Wähler das Thema Korruption in der Ukraine untrennbar mit der angeblichen Korruption der Familie Biden verbunden ist.

Dass sich die Verhältnisse in der Partei bereits verändert haben, zeigte sich beim Besuch Wolodymyr Selenskyjs in den USA vergangene Woche. Als der ukrainische Präsident im Dezember Washington, D.C., besucht hatte, hatte er noch eine Ansprache vor beiden Kammern des US-Kongresses gehalten. Dieses Mal jedoch traf er sich nur hinter verschlossenen Türen mit Abgeordneten. Der Republikaner Kevin McCarthy, Sprecher des Repräsentantenhauses, hatte es abgelehnt, Selenskyj im Parlament reden zu lassen.

McCarthy sitzen Abgeordnete aus dem Freedom Caucus im Nacken, einer Vereinigung von Mitgliedern des rechten Flügels seiner Fraktion. Ein Hauptziel des Caucus ist, dass es keine weitere Unterstützung für die Ukraine geben solle. Eine Abstimmung darüber steht bald an: Bis zum 30. September muss das Parlament einen Staatshaushalt verabschieden, inklusive 24 Milliarden US-Dollar Unterstützung für die Ukraine. Geschieht das nicht bis Sonntag, müsste die Bundesverwaltung mal wieder weitgehend stillgelegt werden. »Kriegen wir diese Hilfe nicht, verlieren wir den Krieg«, soll Selenskyj im Gespräch mit den Fraktionsführern des Senats gesagt haben.

Am 21. September veröffentlichten 28 republikanische Senatoren und Abgeordnete einen offenen Brief, in dem sie ankündigten, keiner weiteren Hilfe für die Ukraine zuzustimmen. »Das amerikanische Volk verdient es, zu wissen, wo dieses Geld hingeflossen ist. Wie läuft die Gegenoffensive? Sind die Ukrainer einem Sieg nähergekommen, als sie es vor sechs Monaten waren?« schrieben sie.

Auch in der EU gibt es solche Entwicklungen. Die polnische Regierungspartei PiS schielt im Wahlkampf auf ähnliche nationalpopulistische Stimmungen wie die Republikaner. »Es gibt einen gewissen Überdruss«, zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg den polnischen Präsidenten Andrzej Duda. »Wir haben auch unsere Bürger, wir müssen deren Interessen vertreten.«

In Deutschland übernimmt diese Rolle auf der rechten Seite des Parteienspektrums die AfD, auf der linken ist es Sahra Wagenknecht (Linkspartei), die kritisiert, dass die deutsche Regierung Finanzhilfen an die Ukraine vergeben habe, ohne auf Rückzahlung zu bestehen. »Während die Ampel uns einen Sparhaushalt verordnet, an Gesundheit, Pflege und Bildung kürzt und auch für arme Kinder kein Geld hat, hat sie Selenskyj faktisch einen Blankoscheck ausgestellt«, sagte sie der Frankfurter Rundschau.

Um Geld geht es auch der US-Regierung. Sie verlangt von der ukrainischen Regierung konkrete Maßnahmen zur Reform des Rechtsstaates und im Kampf gegen Korruption. Die Online-Zeitung Ukrajinska Prawda berichtete, dass die US-Regierung in einem Brief an die ukrainische Regierung auflistete, welche konkreten Reformschritte sie in den kommenden drei, sechs, zwölf und 18 Monaten von der Ukraine erwarte.

Ob das jedoch alle Republikaner zufriedenstellen wird, ist fraglich. Donald Trump hat dafür gesorgt, dass für zahlreiche republikanische Wähler das Thema Korruption in der Ukraine untrennbar mit der angeblichen Korruption der Demokraten und besonders der Familie Biden verbunden ist. Ausgehend von der Tätigkeit von Joe Bidens Sohn Hunter im Verwaltungsrat des ukrainischen Gasunternehmens Burisma in den Jahren 2013 bis 2018, für die er elf Millionen US-Dollar erhielt, stricken Trump und seine Unterstützer seit Jahren an einer immer weiter ausufernden Verschwörungstheorie über die kriminelle Bereicherung der »Biden Crime Family«, wie einige republikanische Politiker sie getauft haben. Die Geschichte zieht bei den rechten Wählern so gut, weil sie den »America First«-Nationalismus mit der Vorstellung von korrupten, »globalistischen« Eliten kombiniert.