Beiträge von korinna klasen

1999/17 Interview Nick Lowles

»Brixton gilt für Nazis als No-Go-Area«

Samstag nachmittag im Süd-Londoner Stadtteil Brixton. Auf einer der zentralen Einkaufsstraßen brach am vorletzten Wochenende Panik aus. Dreieinhalb Kilo Nägel hatte der Sprengsatz, als Paket getarnt und mit Zeitzündmechanismus in einer Einkaufstasche vor einem Geschäft abgestellt, am 17. April durch die Luft geschleudert. Mehr als fünfzig Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Selbst die auf die IRA fixierten britischen Sicherheitsbehörden schlossen diesmal eine nordirische Urheberschaft unmittelbar nach dem Anschlag aus. Knapp 48 Stunden später folgte der Telefonanruf: Ein Mann übernahm gegenüber der Polizei die Verantwortung für den Anschlag - im Namen der britischen Neonazi-Gruppe Combat 18. Eine Woche später das gleiche Bild im Stadtteil Shoreditch: Fünf Menschen wurden durch eine Autobombe verletzt; auch zu dieser Tat bekannte sich Combat 18. Trotz der Bekenneranrufe aber sind sich unabhängige Beobachter der militanten rechten Szene sicher, daß eine unmittelbare Beteiligung von Combat 18 zumindest bezweifelt werden muß. Nach Angaben von Scotland Yard ist mittlerweile noch ein weiteres Bekennerschreiben eines "Kommandorates der weißen Wölfe" aufgetaucht, hinter dem eine Gruppe von drei bis vier Personen vermutet wird.

Combat 18 war in den letzten zwei Jahren vor allem durch Briefbombenanschläge und gewalttätige Auseinandersetzungen mit rivalisierenden Neonazis aufgefallen und gilt als vom britischen Sicherheitsapparat infiltriert. Die rechte Szene hat sich längst jenseits der Gruppierung organisiert: Neben den international agierenden Hammerskins und Blood & Honour-Strukturen, sind es vor allem rassistische Jugendgangs und Skinheadgruppen, die durch Übergriffe und Morde ein Klima von Unsicherheit und Angst für MigrantInnen schaffen.

Nick Lowles ist Mitherausgeber der internationalen antifaschistischen Zeitschrift Searchlight.