Die Geschichte des zivilen Ungehorsams und was sie lehrt

Inszenierter Widerstand

Mit den Mitteln des zivilen Ungehorsams kämpft die Klimagerechtigkeitsbewegung für eine Politik, die die Erderwärmung wirksam begrenzen soll. Welche Aktionsformen sind geeignet, um den für Veränderungen nötigen Druck aufzubauen?
Essay Von

Die Klimaproteste haben eine Debatte ausgelöst, die sich um die Legitimität und den Nutzen von zivilem Ungehorsam dreht. Dieser sei »per definitionem nicht legal«, aber »dennoch in einer Demokratie wie der unsrigen durchaus zulässig, ja mehr noch, unter Umständen auch politisch und moralisch gefordert«, argumentiert der Philosoph Robin Celikates in den Blättern für deutsche und internationale Politik.

Aufgrund der Dringlichkeit ihres Anliegens, so Celikates weiter, verstießen die Protestierenden gegen Gesetze, beriefen sich dabei aber auf grundlegende demokratische Prinzipien. Die Legitimität des Protests müsse daran gemessen werden, wie er sich rechtfertige; in diesem Fall stützten die Protestierenden ihre Argumentation auf wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über die menschengemachte Erderwärmung sowie auf den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021, dem zufolge der deutsche Staat verpflichtet ­ist, klimaschädliche Emissionen wirksam zu begrenzen, da von der Erderwärmung »praktisch jegliche Freiheit potentiell betroffen« sei.

Auch könne man sich im Sinne der Versprechen der Verfassung für eine radikal andere Gesellschaft einsetzen, da das Grundgesetz den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichtend vorsieht. Mit dem Beschmieren des Grundgesetz-Denkmals wollte die Letzte Generation zeigen: Die derzeitige Politik bricht mit der Verfassung. »In diesem Sinne ist der Klimaprotest sowohl radikal, weil er auf eine Veränderung des Systems abzielt, als auch systemimmanent, weil er die dem existierenden politischen System zugrundelie­genden Prinzipien in Anschlag bringt«, meint Celikates. Die Forderung, Protest müsse sich im rechtlichen Rahmen bewegen, verkenne, dass demokratische Errungenschaften oftmals erst durch Rechtsbruch erkämpft worden seien.

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