Der neurechte Autor Frederic Höfer sieht in gläubigen Muslimen Verbündete

Aus Feind wird Freund

Ein neues Buch aus dem neurechten Jungeuropa-Verlag wirbt für ein Bündnis mit gläubigen Muslimen.

Bei Jungeuropa, dem neurechten Kleinverlag aus der identitären bubble, hat ein Autor namens Frederic Höfer den Titel »Feindbild Islam als Sackgasse« veröffentlicht. Höfer, ein erfolgreicher Bodybuilder aus dem Ruhrpott, war zuvor schon beim mittlerweile eingestellten Magazin Arcadi in Erscheinung getreten, das dem identitären Milieu zuzurechnen war. Für ein rechtes Lifestyle-Magazin war Höfers Mischung aus Muskeln und »Patriotismus« sicherlich attraktiv.

Sein Buch sei ein Versuch, »einen rechten Zugang zur posthomogenen Gesellschaft« zu entwickeln, heißt es im Ankündigungstext. Es gehe also darum, sich aus »identitärer« Sicht mit der Realität jahrzehntelanger Migration zu arrangieren. Abweichend von den milieutypischen »Rückführungs-Phantasien« ist dem Autor aus eigener Anschauung klar, dass vor allem in den westdeutschen Ballungsgebieten der Kampf für eine »urdeutsche Ethnohegemonie« verlorene Liebesmüh ist.

Höfer strebt daher eine multikulturelle Gesellschaft auf rechter Grund­lage an. Dabei dient vor allem seine Biographie als Referenz. Auf der Autorenseite des Verlags heißt es, »nicht ›die Ausländer‹, mit denen zusammen er jahrelang das Eisen schwang, sondern die Entfremdung vom Gros seiner bundesrepublikanisch geeichten eigenen Landsleute« habe Höfer »im freiheitsverliebten Sachsen eine neue Heimat finden« lassen.

Höfer sieht die eigene Szene in ihrer Ablehnung des Islam auf dem falschen Weg und plädiert für stattdessen für eine Allianz.

In den Männerdomänen der Fitnessstudios und Hantelbänke habe der Autor viel multikulturellen Umgang gehabt und einiges über den »wahren« Islam erfahren, was er dem »außersystemisch-oppositionellen Lager« nicht vorenthalten will. Denn Höfer sieht die eigene Szene in ihrer Ablehnung des Islam auf dem falschen Weg und plädiert stattdessen für eine Allianz. Gerade für Deutsche böten sich gläubige Muslime als Verbündete im Kampf gegen die »westliche Dekadenz« und den französischen »radikalen Aufklärungsweg« an. Zugleich wendet er sich an »deutsche Muslime, denen die linksliberale Wirklichkeit der BRD nicht behagt und die einer traditionalen Grundanschauung zugeneigt sind«. Sie seien »als Leser willkommen«. Schließlich, so der Tenor, verbinde »beide Seiten mehr, als sie sich bewusst sind«.

Höfers Liste westlicher Verfehlungen verdeutlicht diese Nähe: »Feminismus«, »Progressismus«, Einschränkung elterlicher Gewalt, »Nationalmasochismus« und »LGTBQ-Kult«. Wer all das bekämpfen wolle, müsse doch zusammenhalten, zumal Religion als Antipode zum Materialismus grundsätzlich zu achten sei. Höfers Ziel ist eine Neuausrichtung der Rechten in einer »traditionalen Wende«. In der antiislamischen Haltung der AfD sieht er hingegen einen hoffnungslos westlichen Kurs, der mit »konservativen« Grundüberzeugungen kaum zu vereinen sei und die Muslime nur ins gegnerische Lager treibe.

Dagegen lehre das russische Beispiel, dass Muslime eine loyale Stütze des illiberalen Staates sein können, wenn man ihre religiösen Sitten unangetastet lässt. Höfer versucht sich sogar laienhaft in einer historisch-kritischen Lektüre des Koran und der Hadithe, der überlieferten Aussagen und Handlungen des Propheten, um nachzuweisen, dass auch der Islam Entwicklungspotential besitze. Allerdings ignoriert er dabei den Umstand, dass gerade die fundamentalistischen Auslegungen aller Religionen mit historisch-kritischen Ansätzen grundsätzlich auf Kriegsfuß stehen.

Für die internen Debatten der Neuen Rechten könnte das Buch durchaus zum Störfaktor werden. Schließlich greift es die von Martin Sellner vertretene »Reconquista«-Strategie offen an und kritisiert dabei zu Recht, dass diese auf den Ruf nach ethnischen Säu­berungen hinausläuft. Dennoch ist es schwer vorstellbar, dass dieser Aufruf zur Waffenbruderschaft der reaktionären Strömungen den in der rechten Szene dominierenden Ethnonationalismus übertönen kann.

Die von Höfer geforderte Allianz ist andernorts bereits tiefgründiger diskutiert worden. Sein Buch liest sich wie eine Zusammenfassung der entsprechenden Literatur; etwas Neues bietet es nicht. Parallelen zwischen den verschiedenen ultrakonservativen und nationalistischen Weltanschauungen sind kritischen Beobachtern längst bekannt. Das ganze Gerede von »Ehre und Respekt«, der Überlegenheitsnachweis qua Herkunft, Heroenkult und traditionelle Geschlechterrollen stiften weltweit Verbindungen zwischen den reaktionären Kräften.

Nicht erst seit der deutsche Fuß­baller Mesut Özil seine Unterstützung für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan erklärte und der Welt sein Tattoo eines Symbols der rechtsextremen »Grauen Wölfe« präsentierte, konnte man wissen, dass es auch in migrantischen Milieus nicht an Nationalisten mangelt. Zudem genoss gerade der Islam in der Rechten über Jahrzehnte ein hohes Ansehen. Doch nach der Jahrtausendwende, beklagt Höfer, hätten die »Zerrbilder und Argumentationsweisen aus den polemischen Arsenalen der US-Falken- und Zionisten-Cheerleader« eine islamfeindliche ­Position durchgesetzt. Als Referenzen bietet Höfer daher auch jene Autoren auf, die bereits vor ihm ein positives Bild des Islam propagierten: Sigrid Hunke, Alain de Benoist, Ernst Nolte und andere.

Für die internen Debatten der Neuen Rechten könnte das Buch durchaus zum Störfaktor werden. Schließlich greift es die von Martin Sellner vertretene »Reconquista«-Strategie offen an und kritisiert dabei zu Recht, dass diese auf den Ruf nach ethnischen Säu­berungen hinausläuft.

Der ehemalige NPD-Kader Thor von Waldstein, der sonst als Autor den weltanschaulichen Kompass des Instituts für Staatspolitik justiert, hat für das Buch ein wohlwollendes Nachwort beigesteuert und preist den »elegant-behutsamen Stil« Höfers. Wo der allerdings zu finden sein soll, weiß wohl nur Waldstein, denn Höfer kann schlicht nicht schreiben. Stilistisch ist der Text eine Zumutung und liest sich wie eine studentische Hausarbeit, die ­politologischen Jargon zu imitieren sucht.

Höfer verhebt sich laufend an Formulierungen, die Gelehrtheit vortäuschen sollen. Das Ergebnis klingt dann so: »Dabei übersieht sie« – also die Position, die von der Assimilation der Muslime in den westlichen Lifestyle ausgeht – »aber, dass das Absorptionspotenzial der muslimischen Gemeinschaft begrenzt ist und dass die Erosion ihrer Bindungsfähigkeit wiederum normzentrierte Rückkopplungen auslöst, die sich im Anwachsen besonders formstrenger Tendenzen äußern.« An anderer Stelle geht ein »Motivknäuel« in »Wurzelgründe« ein, und es werden »als pars pro toto folgende Evergreens als Niveaustichprobe aufgeführt, um den Punkt zu verdeutlichen«. Historische Feldherren wiederum sind für das »konfettihafte ›Her­geben‹ von Menschenleben für ihre ›Mission‹« berühmt.

Dieses hilflos gestelzte Geschreibsel kippt ins Komische, wenn der Autor die »dürftige Qualität der populären Antiislamagitation« mit dem Bild beklagt: »›Der‹ Islam wird auf selbst gesetzter Höhe abgefertigt, wie Elfmeterschießen vor leerem Tor – mit immer neuen Bällen.« Mit Grauen erfährt man, dass sich Höfer als freiberuflicher Texter und Lektor verdingt, und wünscht sich, er würde in Zukunft lieber weitere Trainingsvideos produzieren. Aber vielleicht schafft er es noch zum Integrationsbeauftragten der sächsischen AfD?