Kaufhaus für alle
Eigentlich ist das Einkaufen ein alltäglicher, unkomplizierter Vorgang. Gleichwohl ist es kaum möglich, sich darüber zu unterhalten, ohne in einem Dickicht aus moralischen Vorhaltungen, Halbwahrheiten, Vorurteilen und anderem Vergnüglichen zu landen, das Diskussionen mit Gefühlslinken so unschön macht. Hier der kleine, mit viel Herzblut betriebene Laden, dort eiskalte Manager eines transnationalen Konzerns, hier individuelle Behandlung, dort nur Teil einer Kundenmasse. Gut, hier, also auf dem Wochenmarkt, umetikettierte und für den dreifachen Preis weiterverkaufte Kaufland-Schafskäse-Würfel – aber das ist natürlich bloß ein Einzelfall und darf nicht erwähnt werden. Ebenso wenig, dass Online-Shopping für gar nicht mal so wenige Menschen – Alte, Behinderte, Erkrankte beispielsweise – eine wunderbare Möglichkeit ist, selbst einkaufen zu können.
Der kitschige Blick auf kleine Läden begann in Deutschland mit dem – aus europäischer Sicht relativ späten – Aufkommen der ersten großen Kaufhäuser. Und gleich ging es auch um Judenhass. Bereits 1899 schrieb ein Autor namens A. Grävell in seinem Buch »Kampf dem Warenhause – eine Zeit- und Streitfrage«, dass der Kapitalismus dazu führen werde, »den gesamten Detailhandel dereinst in den Händen der Judenschaft zu monopolisieren«. Wie Heike Hoffmann im Kapitel »Völkische Kapitalismus-Kritik: Das Beispiel Warenhaus« des 1996 erschienenen »Handbuchs zur ›Völkischen Bewegung‹ 1871–1918« schreibt, wurde der Begriff Kapitalismus »in völkisch-antisemitischen Kreisen zum Sammelbegriff aller als negativ, volks- und rasseschädigend betrachteten Zeitströmungen«.
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