Die deutsche Autoindustrie bekommt starke Konkurrenz aus China

Deutschlands Angst vor der Autoflut

Importierte Elektroautos aus China bedrohen die Marktdominanz der europäischen Autokonzerne im EU-Raum. Die EU droht bereits mit Strafzöllen, um die heimische Industrie zu schützen.

Eine gewaltige Welle aus Blech bewegt sich aus Asien auf den deutschen Industriestandort zu und droht, ihn unter sich zu begraben. Solche Assoziationen weckte das Bild, das die FAZ kürzlich bemühte, um das Ausmaß der zukünftig zu erwartenden Autoimporte aus China zu verdeutlichen: »Die Flut chinesischer Autos erreicht Bremerhaven«, titelte sie.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits im vergangenen September gewarnt, dass Märkte weltweit »mit billigen Elektroautos geflutet« werden. Nun erreiche diese Flut auch Deutschland, berichtete die FAZ. Genauer gesagt: Häfen wie Bremerhaven, wo jedes Jahr weit über eine Million Autos – je zur Hälfte Export und Import – verladen werden.

Bisher waren unter den Importautos nur sehr wenige aus chinesischer Herstellung. Doch das soll sich schnell ändern: Allein der Autokonzern BYD – Abkürzung für Build Your Dreams – habe acht neue Schiffe bestellt, um Kunden in Übersee zu beliefern, hieß es in der FAZ. Jedes davon sei 200 Meter lang und habe Platz für rund 7.000 Autos. Und BYD ist nur einer von mehreren chinesischen Autokonzerne, die in China mit günstigen Elektroautos zu Marktführern geworden sind und nun Käufer in der EU suchen. Seit 2023 ist BYD der größte Hersteller von Elektroautos weltweit.

Für alle, die ein neues Auto brauchen, sind das gute Nachrichten, denn diese werden durch das zusätzliche Angebot deutlich günstiger. Auch VW musste zuletzt seine Preise für E-Autos stark senken. Für die deutschen Autokonzerne ist die Konkurrenz aus China jedoch ein Problem. Obwohl sie nach wie vor Rekordprofite machen, wird es für sie zunehmend schwieriger, ihre dominante Marktposition in Europa zu verteidigen.

Im vergangenen Herbst kündigte die EU-Kommission an, den Autokonzernen zur Hilfe zu kommen. Sie leitete ein Überprüfungsverfahren ein, um zu untersuchen, ob chinesische Autokonzerne zu stark vom Staat subventioniert würden. Dazu schickte die EU-Kommission Ermittler nach China, die mehrere chinesische Konzerne überprüfen, unter anderem BYD. Sollte sich herausstellen, dass diese zu stark subventioniert werden, droht die EU mit Strafzöllen.

Auch VW musste zuletzt seine Preise für E-Autos stark senken.

Dass China heimische Autokonzerne seit Jahren systematisch subventioniert und gegenüber ausländischen Konkurrenten bevorteilt, ist kein Geheimnis. Anders wäre es den chinesischen Firmen überhaupt nicht möglich, sich zu eta­blieren, besonders in einer so kapitalintensiven Branche wie der Autoindustrie. Unzählige neue Elektroauto-Hersteller, die von Subventionen, günstigen Krediten und Steuervergünstigungen profitierten, sprossen in China in den vergangenen Jahren aus dem Boden. Das Ergebnis war ein zu großes Angebot an Autos, die sich kaum verkaufen ließen, viele Firmen sind kaum profitabel.

Die chinesische Regierung hat deshalb selbst angekündigt, gegen die Überkapazitäten in der Produktion von Elek­troautos vorzugehen. Sie will Subventionen reduzieren, um die am wenigsten konkurrenzfähigen Autokonzerne zum Aufgeben zu zwingen. Das sei für die EU aber noch kein Grund zur Entwarnung, kommentierte die Financial Times, denn die konkurrenzfähigsten Konzerne werden nach einer Marktkonsolidierung umso besser dastehen: »Dieses Vorgehen merzt die Schwachen aus. Die Unternehmen, die überleben, sind fitter und aggressiver und werden auf den Exportmärkten noch wettbewerbsfähiger sein.«

Das sei die Methode der chinesischen Industriepolitik: Erst würden bestimmte Branchen großzügig subventioniert und dann immer härterem Wettbewerb ausgesetzt, bis nur noch die konkurrenzfähigsten Firmen übrig seien. So wären in China in zahlreichen Industriesektoren, von Stahl über den Schiffbau und die Solarindustrie, Konzerne entstanden, die sich auch international gegen ihre Konkurrenten durchsetzen können.

Selbst eine Reduzierung der von der EU kritisierten »marktverzerrenden« Subventionen würde das Problem für die deutschen Autokonzerne also nicht lösen. Chinesische Industrieunternehmen können schlicht billiger produzieren, und weil der heimische Absatz-markt längst nicht ausreicht, um alle ihre Produkte abzusetzen – nicht zuletzt, weil die chinesischen Löhne niedrig gehalten werden und dementsprechend der Konsum schwach ist –, steigen die chinesischen Exporte seit Jahren stark an. Dieses Prinzip sollte gerade dem früheren Exportüberschuss-
meister aus Deutschland bekannt sein.

In diesem Jahr wird ein weiterer chinesischer Exportrekord erwartet, denn wegen der schwachen Nachfrage in China und der großen Produktionskapazitäten sinken dort die Preise für viele Güter. Das führt dazu, dass die chinesische Firmen ihre Produkte weltweit zu noch günstigeren Preisen anbieten. Weil dieser Preiskampf mittlerweile selbst die technologisch fortgeschrittensten westlichen Industriekonzerne, wie die der deutschen Autoindustrie, stark unter Druck setzt, ist zu erwarten, dass auch in der EU, ähnlich wie in den USA, der Trend hin zu mehr Schutzzöllen und Protektionismus gehen wird.