Karl May in der Volksbühne, die fünfte Staffel von »Fargo« und die Biographie von Sly Stone

Und alle so: Yippie-ya-yeah

Popkolumne. Neues von Winnetou, »Fargo« und Sly & the Family Stone.
Die Summens Von

»Spricht die Tochter des Bärenwaldes die Laute des weißen Mannes?« Wer erinnert sich nicht mit Schaudern an die verquasten Dialoge aus Winnetou-Filmen? Auf unsere Cowboy-und-Indianer-Kindheit folgten Debatten über kulturelle Aneignung und Redfacing sowie Winnetou-Kinderbücher, die zurückgezogen wurden.

So richtig schlau wird man aus den jahrelangen Recherchen des Autorenduos nicht.

Man dachte also, der Disput um den meistgelesenen Autor in deutscher Sprache sei endlich durch. Doch die Volksbühne sieht das anders und setzt ein Stück mit dem Titel »Karl May« auf den Spielplan. Das junge Autorenteam Enis Maci und Mazlum Nergiz hat seine Kindheit nicht vor dem Röhrenfernseher verbracht, um zum x-ten Mal Winnetou zu glotzen.

Das Bühnenbild ist schon mal verlockend: Im Hintergrund eine Leinwand mit Western-Horizont, auf der vor Beginn der Vorstellung Stationen im Leben des Kleinkriminellen Karl May, aber auch einige Eckdaten der Geschichte des Kolonialismus laufen. In der Mitte ist ein mechanischer Rodeo-Bulle aufgebaut, Martin Wuttke lungert bereits rauchend im Szenenbild herum. Auf dem imaginären Trucker-Parkplatz wird dann gemeinsam mit Jungschauspielerin Ann Göbel im sexy Western-Dress und Oscar Olivio als Psychiater wild assoziiert und rumpalavert.

Martin Wuttke in »Karl May« von Enis Maci und Mazlum Nergiz

Hält als Electric-Bull-Betreiber den Laden zusammen: Martin Wuttke in »Karl May« von Enis Maci und Mazlum Nergiz

Bild:
Luna Zscharnt

So richtig schlau wird man aus den jahrelangen Recherchen des Autorenduos nicht, aber Wuttke hält als Electric-Bull-Betreiber den ganzen Laden zusammen. Ihm würde man selbst dann gern zusehen, wenn er das Fernsehprogramm von 1970 rezitieren würde.

Die fünfte Staffel »Fargo« wartet dagegen mit der echten US-amerikanischen Provinz im Jahre 2019 auf. Von Bösewichten wie Sheriff Roy Tillman, der dort mit gezücktem Colt herrscht, hätte selbst Karl May Alpträume bekommen. Doch in seiner vermeintlich naiven Ex-Frau Dot, die ihm vor Jahren weggelaufen ist, hat den fanatisch religiösen Patriarchen sein Armageddon ereilt.

Genial sind auch Dots eiskalte Schwiegermutter Lorraine, gespielt von Jennifer Jason Leigh, »Stranger Things«-Star Joe Keery als Gator, der nichtsnutzige Sohn des Sheriffs, die freundliche Polizistin Indira Olmstead (Richa Moorjani) und ein apokalyptischer Auftragskiller. Fünf von fünf Sheriffsternen!

Sly Stone und seine »Family Stone«

Sly Stone und seine »Family Stone«

Bild:
Wikimedia / Simon Fernandez / CC BY 2.0

Sly Stone, der einzig wahre US-amerikanische »Spaced Cowboy«, legt nun endlich eine Biographie vor, die er zusammen mit dem Autor Ben Greenman geschrieben hat. Erschienen ist das Buch im Auwa-Verlag, frisch gegründet von Roots-Drummer Questlove. Die Geschichte der Funk- und Soul-Band Sly & the Family Stone ist allein schon unter dem Aspekt von diversity interessant: Frauen und Männer, Weißbrote und Farbige in einer Band. Und das schon 1966. Da kam hierzulande gerade »Winnetou und das Halbblut Apanatschi« ins Kino.