Interview

2002/35 Die Sozialwissenschaftlerin Susan George zum UN-Umweltgipfel

»Es gab keine Kehrtwende«

Der bis zum 4. September tagende UN-Weltgipfel in Johannesburg unternimmt nach der Konferenz in Rio im Jahr 1992 einen neuen Versuch zur Rettung des Planeten. Doch keines der damals gesetzten Ziele wurde erreicht. Die Umweltzerstörung hält an, fast drei Milliarden Menschen leben von weniger als zwei US-Dollar am Tag.

Seit über 25 Jahren zählt die in den USA geborene französische Sozialwissenschaftlerin Susan George zu den profiliertesten Kritikerinnen der vorherrschenden Wirtschaftsordnung.

2002/34 Christian-Dietrich Schönwiese, Klimaforscher

»Andere Länder sind stärker betroffen«

Die Bilder sind dramatisch. Häuser stehen bis zum ersten Stock unter Wasser, ganze Stadtviertel müssen evakuiert werden. Derweil streiten die Experten über die Ursachen. Kündigen die Überschwemmungen eine von Menschen gemachte Klimakatastrophe an?

Christian-Dietrich Schönwiese ist Professor für meteorologische Umweltforschung und Klimatologie an der Universität Frankfurt am Main.

2002/33

»Der Kampf wurde zu spät begonnen«

Die Revolutionäre Vereinigung der Frauen Afghanistans (Rawa) baute ein Netz von Untergrundschulen auf und verbreitete Informationen über die islamistische Terrorherrschaft. Bereits 1977 gegründet, setzte sich die Rawa unter den wechselnden Regimes für Demokratie, Säkularismus und Frauenrechte ein. Erst nach den Anschlägen vom 11. September wurden ihre Aktivitäten von einer größeren Öffentlichkeit wahrgenommen.

Shahla Asad vertritt die Rawa auf internationalen Kongressen.

2002/32 Evo Morales, Präsidentschaftskandidat in Bolivien

»Es war ein bewusstes Votum«

In Bolivien sprechen alle über den »Faktor Evo«. Es geht um Juan Evo Morales Aima, den Kokapflanzer und Präsidentschaftskandidaten des linken Movimiento al Socialismo (MAS), der in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 30. Juni überraschend mit mehr als 20 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz landete (Jungle World, 29/02). Am 25. Juli kündigten die Präsidentschaftskandidaten des Movimiento Nacionalista Revolucionario (MNR), Gonzalo Sánchez de Lozada, und des Movimiento de Izquierda Revolucionaria (MIR), Jaime Paz Zamora, die Bildung einer Koalition der »Nationalen Einheit« an. Sánchez de Lozada gewann den ersten Wahlgang mit 22,5 Prozent, Zamora kam mit gut 16 Prozent auf Platz vier. Da keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent der Stimmen erhielt, wurde Lozada am Samstag vom Nationalkongress mit 84 von 157 Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt.

2002/29 Jean Lescop, Hausbesitzer in Plougonvelin

»Die Bretagne hat sich gut entwickelt«

Plougonvelin liegt in der Bretagne, zehn Kilometer von der Hafenstadt Brest entfernt. Am Hang, oberhalb des Ortes, keine zehn Minuten vom Strand entfernt, steht ein altes Bauernhaus. Es ist aus Naturstein gebaut, hat einen prächtigen Garten und bietet einen bezaubernden Blick auf den Atlantik. Dort, im Dachgeschoss, entstand diese Ausgabe der Jungle World. Jean Lescop war unser Vermieter.

2002/28 Angela Marquardt, PDS-Abgeordnete im Bundestag, zu Stasi-Vorwürfen

»Leicht ist das nicht zu begreifen«

Vor drei Wochen sorgte ein Bericht von Spiegel-Online über Angela Marquardt für Furore. Journalisten waren in der Gauck-Behörde auf Akten gestoßen, nach denen die PDS-Abgeordnete in ihrer Jugend eine inoffizielle Mitarbeiterin der Staatssicherheit der DDR gewesen sei. Die Verpflichtungserklärung stammt aus dem Jahr 1987, als Angela Marquardt 15 Jahre alt war. Sie selbst sagt, sie habe niemals wissentlich mit der Stasi zusammengearbeitet. Der Immunitätsausschuss des Bundestages hat eine Überprüfung eingeleitet.

2002/27 Hans Koschnick, ehemaliger EU-Administrator in Mostar

»Bosnien ist eine Scheindemokratie«

Wie kaum ein anderes Bauwerk stand die Alte Brücke von Mostar für den Traum vom friedlichen Zusammenleben aller Nationen des sozialistischen Jugoslawien. Doch der in der vergangenen Woche begonnene Wiederaufbau der von bosnisch-kroatischer Artillerie am 9. November 1993 zerstörten Brücke hat kaum mehr als symbolische Bedeutung. Denn sieben Jahre nach dem Ende des Bosnien-Krieges ist das Land de facto immer noch gespalten in die Einflusssphären der muslimischen, kroatischen und serbischen Eliten.

Hans Koschnick, 72, war von Juli 1994 bis Februar 1996 EU-Administrator in Mostar.

2002/26 Christoph Then, Mitarbeiter von Greenpeace, zum Patentrecht

»Die Currywurst ist keine Erfindung«

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat am 10. Juni beim Europäischen Patentamt ein Patent auf die Currywurst beantragt. Damit will die Organisation darauf aufmerksam machen, dass es die Patentrechtlinie des europäischen Patentamtes Unternehmen ermöglicht, sich statt Erfindungen immer häufiger Entdeckungen patentieren zu lassen: vollständige Pflanzen, Gene von Tieren oder Menschen.

Christoph Then ist Mitarbeiter von Greenpeace.

2002/24 Volker Beck, Abgeordneter der Grünen, über Proteste gegen die FDP

»Ein gutes Tabu wurde angetastet«

Nach den antisemitischen Attacken des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Jürgen W. Möllemann rief am vorigen Mittwoch die Jüdische Gemeinde Berlin zu einer Kundgebung vor der FDP-Zentrale in Berlin-Mitte auf. Rund 1 000 Menschen nahmen daran teil, unter ihnen auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck. Er gehört dem nordrhein-westfälischen Landesverband der Grünen an, den Jamal Karsli kürzlich verlassen hat, um der FDP beizutreten.