Interview

2003/02 Annamaria De Palma ist Sprecherin des antirassistischen Netzwerks Venezia-Mestre

»Der Migrantenstreik war wunderbar«

In Italien hat die Regierung Berlusconi ein neues Immigrationsgesetz verabschiedet, das zahlreiche repressive Regelungen vorsieht: stärkere Kontrollen der italienischen Küste durch die Marine und die Pflicht für alle in Italien lebenden Menschen, ihre Fingerabdrücke polizeilich registrieren zu lassen. Doch nicht nur die staatliche Kontrolle wird für Nicht-EU-Ausländer verschärft. Mit der Koppelung der Aufenthaltserlaubnis an vorweisbare Arbeitsverträge werden sie auch der Willkür der Unternehmer unterworfen.
2002/52

»Jeden Morgen geht die Sonne auf«

Nina Hagen hat ein paar legendäre Stücke geschrieben, die sich tief ins kollektive Musikgedächtnis der Punkgeneration eingebrannt haben. Herzzerreißend gesungene Zeilen wie »in meiner Tasche klebt ein Bonbon« (»Auf'm Bahnhof Zoo«) vergisst man genauso wenig wie das schrill-nervige »Ich kann mich gar nicht entscheiden. Ist alles so schön bunt hier« aus dem TV-Glotzer-Lied. Das ist lange her. Die 1976 mit ihrem Stiefvater Wolf Biermann aus der DDR ausgereiste Nina Hagen ist heute schwer esoterisch drauf und verkauft vor allem indische Guruweisheiten. Mit ihr sprach Olaf Neumann.

2002/51

»Die Shoah kann sich wiederholen«

Yehuda Bauer ist einer der renommiertesten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Holocaust- und Antisemitismusforschung. Er wurde 1926 in Prag geboren und emigrierte 13 Jahre später mit seiner Familie nach Haifa. Von 1982 bis 1995 war er der Direktor des Sassoon International Center Study of Antisemitism und der Herausgeber des »Journal of Holocaust and Genocide Studies«.

Zur Zeit arbeitet er als wissenschaftlicher Berater des International Centre for Holocaust Studies in Yad Vashem, dessen Leiter er von 1996 bis 2000 war.

2002/50

»Israels Vorgehen ist problematisch«

Der Bundesregierung liegen gegenwärtig zwei Anfragen nach militärischer Unterstützung aus Israel vor. Schon vor einiger Zeit bat Israel Deutschland um die Lieferung von Luftabwehrraketen des Typs Patriot, die das Land im Falle eines Krieges vor irakischen Angriffen schützen sollen. Die Bundesregierung will diese Raketen zur Verfügung stellen.

Nun bat Israel aber auch um Transportpanzer des Typs Fuchs. Diese Bitte lehnen große Teile der rot-grünen Koalition ab und berufen sich auf die deutschen Rüstungsexportrichtlinien, die angeblich eine Lieferung derartiger Fahrzeuge in Krisengebiete verbieten. Winfried Nachtwei ist sicherheitspolitischer Sprecher der Grünen.

2002/49

»Der Populismus blamiert sich«

Die FPÖ hat bei den Neuwahlen in Österreich ein katastrophales Ergebnis erzielt. Dennoch glaubt niemand, dass Jörg Haiders politische Karriere zu Ende ist. Der Landeshauptmann der FPÖ in Kärnten sprach sich bereits für eine neue Koalition mit der konservativen ÖVP aus.

Max Preglau, Professor der Soziologie an der Universität in Innsbruck, untersuchte während des Wahlkampfes die Berichterstattung der Medien und die Strategien der Parteien sowie ihre Nähe zum Populismus und zum Rechtsextremismus.

2002/48

»Es geht voran, es bleibt, wie es ist«

»Monarchie und Alltag«, die Debütplatte der Fehlfarben aus dem Jahr 1980, ist vielleicht die beste, bestimmt aber die einflussreichste deutsche Postpunkplatte, die je erschienen ist. Der Sänger und Texter Peter Hein verabschiedete sich nach dieser Platte, um mit Family Five weiterzumachen, bei denen er heute, genauso wie bei den Fehlfarben, wieder Sänger und Texter ist.

2002/47

»Schalten Sie den Fernseher aus!«

In militärischen Konflikten werden die Bilder der Massenmedien selbst zum Teil der Kriegführung, sagt Mira Beham. Sie ist Mitglied der Komisija za istinu i pomirenje (Kommission für Wahrheit und Versöhnung) in Serbien. Zuvor arbeitete sie als Lehrbeauftragte an der Deutschen Journalistenschule in München.

2002/46

»Die Großen hasst man eben«

Die Stimmung ist frostig, das Verhältnis schwer gestört. Von einer uneingeschränkten Solidarität mit den USA ist in Berlin schon lange keine Rede mehr. Stattdessen geht Bundeskanzler Gerhard Schröder auf Konfrontation zur US-Regierung.

Die Entwicklung der transatlantischen Beziehungen ist einer der Schwerpunkte in den Arbeiten von Andrei S. Markovits. Er lehrt Politikwissenschaft und Soziologie an der University of Michigan, Ann Arbor.