Interview

2000/11 Der Schriftsteller Faradsch Sarkuhi zur Fischer-Reise in den Iran

»Die nächste Krise kommt«

Kaum haben bei den iranischen Wahlen die islamischen Reformer um Staatspräsident Mohammad Khatami die Mehrheit errungen, fliegt der deutsche Außenminister Joseph Fischer nach Teheran. Demnächst soll Khatami zu einem Besuch nach Deutschland kommen.

Der iranische Schriftsteller Faradsch Sarkuhi verbrachte unter dem Schah acht Jahre im Gefängnis. 1996 wurde er erneut verhaftet, 1997 wegen Verunglimpfung des Staates zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Auf internationalen Druck kam Sarkuhi wieder frei und konnte im Mai 1998 nach Deutschland reisen, wo er heute im Exil lebt.

2000/10 Dietmar Bartsch

»Prinzipien, keine Dogmen«

Realos gegen Fundis: Einen Monat vor dem PDS-Parteitag in Münster sorgen die AntimilitaristInnen in der Partei für altbekannte Frontlinien. Doch nicht nur in der Haltung zu Uno-Kampfeinsätzen sind Parallelen zu den Grünen unverkennbar. Inzwischen glauben viele in der PDS, dass Systemopposition am effektivsten aus der Regierung geleistet werden kann. Dietmar Bartsch ist Bundesgeschäftsführer der Partei.

2000/09 Max Koch

»Dieses Kabinett ist unser bester Helfer«

Seit die neue FPÖ-ÖVP-Koalition am Wiener Ballhausplatz regiert, erlebt Österreich eine noch nie da gewesene Welle von Protesten. Rund 60 Demo-Websites im Internet liefern Informationen für Tausende Demonstranten, fast jeden Abend muss die Wiener Polizei ausrücken, Straßensperren beherrschen das Bild in der Innenstadt.

Mitgetragen werden die Proteste von SOS Mitmensch, einer Organisation, die sich seit Jahren für eine nachhaltige Integration von in Österreich lebenden Ausländern einsetzt. Doch während früher die von dem sozialdemokratischen Innenminister Karl Schlögl verantwortete restriktive Ausländerpolitik eine Zielscheibe des Protests von SOS Mitmensch war, umarmt nun die oppositionelle SPÖ den einstigen politischen Gegner. Max Koch, ist Vorsitzenden von SOS Mitmensch,

2000/08 Alain Krivine

»Jospin hat nur mehr Charme als Schröder«

Alain Krivine, Sprecher der linksradikalen Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR), war gemeinsam mit Daniel Cohn-Bendit einer der Protagonisten der Pariser Mai-Revolte 1968. Als Nr. zwei einer trotzkistischen Gemeinschaftsliste von LCR und Lutte ouvrière (LO) gelang ihm im Juni 1999 - zusammen mit der LO-Frontfrau Arlette Laguillier und drei weiteren Abgeordneten - der Sprung ins Europa-Parlament.

2000/07 Heiner Flassbeck

»Small is beautiful«

Schon unter Helmut Schmidt war Heiner Flassbeck für die Bundesregierung tätig: Damals beriet der Ökonom den späteren Bundesbankpräsidenten Hans Tietmeyer, zu der Zeit Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Nach dem Richtungsschwenk der FDP zur CDU 1982 arbeitete Flassbeck als Konjunkturexperte im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Oskar Lafontaine holte ihn nach der rot-grünen Regierungsübernahme im Herbst 1998 als Staatssekretär ins Finanzministerium. Nach Lafontaines Rücktritt im März letzten Jahres feuerte der neue Finanzminister Hans Eichel den Wirtschaftsexperten.

2000/06 Cobi Benatoff

»Schüssel hat keine Chance«

Die Kritik von jüdischer Seite kam als erste. Lange bevor die Europäische Union diplomatische Schritte gegen die neue Wiener Regierung aus Österreichischer Volkspartei (ÖVP) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) einleitete, warnten Vertreter der jüdischen Gemeinden Europas vor einer Regierungsbeteiligung der Partei Jörg Haiders.
Cobi Benatoff ist Präsident des Europäischen Kongresses Jüdischer Gemeinden.

2000/05 Walter Schwimmer

»Man wird Haider sehr genau beobachten«

Im Ausland wird die Kritik am Vorhaben der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), eine gemeinsame Regierung mit Jörg Haiders Freiheitlichen (FPÖ) zu bilden, immer lauter. Und immer lauter wird auch Jörg Haider, wenn es darum geht, diese Kritik abzuweisen: Der französische Staatspräsident Jacques Chirac habe »so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen« könne. Und von der »korrupten belgischen Regierung« lasse er sich schon gar nichts sagen.
Walter Schwimmer ist Generalsekretär des Europarates, Präsident der österreichisch-israelischen Gesellschaft - und Mitglied der Österreichischen Volkspartei (ÖVP).

2000/04 Zoran Djindjic

»Ethnische Staaten darf es nicht geben«

Bald ist es wieder so weit. Am 9. März will die serbische Opposition in Belgrad erneut auf die Straße ziehen, um damit den Sturz des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic zu erreichen. Es ist der vierte Anlauf in neun Jahren - am 9. März 1991 hatte die erste Anti-Milosevic-Demonstration stattgefunden. Zoran Djindjic ist Vorsitzender der Demokratischen Partei Serbiens. Neben Vesna Pesic und Vuk Draskovic war er einer der drei Sprecher des Oppositionsbündnisses Zajedno, das im Frühsommer 1997 zerfiel.

2000/03 Dietmar Dath

»Die Harmonien sind fragwürdig geworden«

Nach zwanzig Jahren der Unabhängigkeit ist das Musikmagazin Spex an die Münchener Piranha Media AG verkauft worden, die unter anderem das HipHop-Magazin Juice herausgibt. Dietmar Dath - Journalist, Übersetzer und Autor - war seit November 1998 Chefredakteur der Spex und zieht sich nun von dieser Position zurück.

2000/02 Nguyen do Thinh

»Ein Mechanismus der Verdrängung«

Brennende Wohnungen, randalierende Rechtsradikale und johlende Biedermänner - tagelang konnte sich der deutsche Mob im August 1992 in Rostock-Lichtenhagen ungestört gegen die Bewohner und Bewohnerinnen des »Sonnenblumenhauses« austoben. Polizeischutz garantiert. »Wir haben ein Abkommen mit den Störern und dürfen uns dort nicht sehen lassen«, zitieren Akten des Schweriner Untersuchungsausschusses den damaligen Einsatzleiter Jürgen Deckert. Völlig korrekt, fand vergangene Woche das Oberlandesgericht der Hansestadt. Nun muss sich der Beamte definitiv nicht vor Gericht verantworten.

Der heute 37jährige Vietnamese Nguyen do Thinh erlebte jene Nächte in dem angegriffenen Haus. Heute ist er Vorsitzender des Vereins »Dien-Hong - Gemeinsam unter einem Dach«, der sich in einer Begegnungsstätte um die Integration von Ausländern und Ausländerinnen in Rostock bemüht.