Interview

2013/10 Rolf Haubl im Gespräch über die Räumung des »Instituts für Vergleichende Irrelevanz«

»Es braucht autonome Räume«

Am 16. Februar besetzten Schüler, Schülerinnen und Studierende das vorübergehend leerstehende Gebäude des Sigmund-Freud-Instituts (SFI) in Frankfurt. Die Besetzung war eine Reaktion auf das kurz zuvor ergangene Urteil des Landgerichts, das eine sofortige Räumung des besetzten »Instituts für vergleichende Irrelevanz« ermöglichte (Jungle World 8/2013). Überraschend war vor allem die Reaktion des Direktors des SFI. Anstatt die Polizei zu rufen, verhandelte er mit den Besetzern über eine Zwischennutzung. Zwei Tage später kam es dennoch zur Räumung. Die Jungle World sprach mit Rolf Haubl, dem geschäftsführenden Direktor des SFI und Professor für Soziologie und psychoanalytische Sozialpsychologie, über den Umgang mit den Besetzern und die Entwicklung der Psychoanalyse am Institut.

2013/09 Ayad Ahram im Gespräch über politische Gefangene in Marokko

»Wer fühlt, dass er unterstützt wird, schöpft Hoffnung«

In Marokko gibt es Hunderte politische Gefangene. Um den willkürlichen Fest­nahmen, den Gefängnisstrafen und dem Schweigen darüber etwas entgegenzusetzen, rief die französische Menschenrechtsorganisation »Association de Défense des Droits de l’Homme au Maroc« (Asdhom) am 17. November vorigen Jahres eine Briefpatenschaftskampagne für politische Häftlinge in Marokko ins Leben. Asdhom besteht seit 1984 und hat in den neunziger Jahren bereits eine ähnliche Aktion erfolgreich durchgeführt. Die Jungle World sprach mit dem Generalsekretär von Asdhom, Ayad Ahram (49), über die Kampagne und die jüngsten ungerechtfertigten Verurteilungen im Königreich Marokko.

2013/08 Tuvia Tenenbom im Gespräch über die Deutschen

»Die Deutschen sind so neurotisch wie ich«

Im Dezember erschien das Buch »Allein unter Deutschen« von Tuvia Tenenbom, in dem der Autor seine Erfahrungen während eines sechsmonatigen Aufenthalts im Jahr 2010 in Deutschland beschreibt. Seit zwei Monaten befindet sich das Buch auf der Bestsellerliste des Spiegel. Tenenbom ist Leiter und Gründer des Jewish Theater of New York und Journalist. Er kommt aus einer jüdischen deutsch-polnischen Familie, der Großteil der Familie wurde von den Nazis ermordet. Derzeit ist er auf Lesereise in Deutschland.

2013/07 Stamatis Nikolopoulos und Giorgos Tsiaras im Gespräch über die unabhängige griechische »Zeitung der Redakteure«

»Diese Zeitung ist ein kleines Wunder«

Nach dem Konkurs von Griechenlands legendärer linksliberaler Zeitung Eleftherotypia im Jahr 2011 schlossen sich mehrere der ehemaligen Beschäftigten mit anderen Medienarbeitern zusammen, um eine eigene unabhängige Zeitung herauszubringen. Mehr als 80 Journalisten und 20 Techniker gründeten zu diesem Zweck im vo­rigen Jahr eine Genossenschaft. Seit dem 5. November erscheint nun die Zeitung der Redakteure, die von den Beschäftigten selbst finanziert wird. Über ihren Platz in der von der Krise schwer angeschlagenen Medienbranche und die Beziehung zur inzwischen wieder erscheinenden Eleftherotypia sprach die Jungle World mit Stamatis Nikolopoulos, Chefredakteur der Zeitung der Redakteure, und Giorgos Tsiaras, verantwortlich für das Auslandsressort.

2013/06 Sookee im Gespräch über Gewalt gegen Frauen und die internationale Kampagne »One Billion Rising«

»Eine erschütternde Erfahrung im positiven Sinne«

Am 14. Februar soll im Rahmen des sogenannten V-Day weltweit gegen Gewalt ­gegen Frauen und Mädchen protestiert werden. Am Aufruf zur Kampagne »One Billion Rising« beteiligt sich unter anderem die Rapperin Sookee mit einem Song und einem dazugehörigen Videoclip. Mit der queer-feministischen Aktivistin aus Berlin sprach die Jungle World über die Kampagne und ihre erhoffte Wirkung.

2013/05 Angela Furmaniak im Gespräch über Spitzel unter Fußballfans

»Der Kampf gegen Rechtsextremismus als Feigenblatt«

In den vergangenen Wochen wurde durch parlamentarische Anfragen von Piraten- und Linkspartei bestätigt, was bislang nur ein Gerücht war: In mehreren Bundesländern bespitzelt die Polizei Fußballfans durch Informanten in der Szene. Die Jungle World sprach darüber mit Angela Furmaniak. Sie ist Rechtsanwältin in Lörrach und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte. Die 43jährige arbeitet schwerpunktmäßig im Umfeld des VfB Stuttgart.

2013/04 Andrés Ruggeri im Gespräch über »reaktivierte Unternehmen« in Argentinien

»Eine Inspiration für Europa«

Vor elf Jahren kam es in Argentinien nach einer langen Rezession zu einer Banken- und Finanzkrise und in der Folge zu großen sozialen Konflikten und Massenprotesten. Auch wurden zahlreiche Betriebe, die schließen mussten, von den dort ehemals Beschäftigten besetzt. In vielen Fällen konnte eine Betriebsübernahme durch Arbeiterkooperativen durchgesetzt werden. Der Sozialwissenschaftler Andrés Ruggeri ist Leiter einer Arbeitsgruppe der Univer­sität Buenos Aires, die das Phänomen der empresas recuperadas, der »reaktivierten Unternehmen«, seit 2002 untersucht. Die Jungle World sprach mit ihm über die Entwicklung der Selbstverwaltung in Argentinien und die Anwendbarkeit des Modells in Europa.

2013/03 Vertreterinnen des Saheli Women’s Resource Centre im Gespräch über Gewalt gegen Frauen in Indien

»Die Polizei bietet Frauen keine Unterstützung«

Nach einem besonders grausamen Fall von Vergewaltigung Mitte Dezember vorigen Jahres in Delhi kam es in ganz Indien zu Protesten mit sehr unterschiedlichen Forderungen. In Indien wird nun über sexualisierte Gewalt diskutiert. Das Saheli Women’s Resource Centre in Neu-Delhi beschäftigt sich seit 1981 mit frauenspezifischen Themen. Die Jungle World sprach mit Deepti und Harshita, zwei Mitgliedern des autonomen feministischen Kollektivs, über sexualisierte Gewalt in Indien und die derzeitige Debatte.

2013/02 Katinka Zeuner spricht über ihren Film »Jalda und Anna. Erste Generation danach« und über modernes Judentum

»Keine Lust, als Opfer gesehen zu werden«

Der Dokumentarfilm »Jalda und Anna. Erste Generation danach« begleitet die jüdischen Künstlerinnen Jalda Rebling und Anna Adam, die zusammen in Berlin leben. Ihre Mütter hatten beide Auschwitz überlebt. Der Film beschreibt die Auseinandersetzung der Protagonistinnen mit den traumatischen Erlebnissen ihrer Eltern und ihr Verständnis von einem modernen Judentum. Nachdem der Film in Deutschland, Polen und Rumänien in verschiedenen Kinos und auf Filmfestivals gezeigt wurde, läuft er in Berlin wieder am 13. Februar im Dokfilmsalon in der »Privatwirtschaft«. Die Jungle World sprach mit der Regisseurin Katinka Zeuner über ihren Film und die Reaktionen darauf.

2013/01 Sami Tahri im Gespräch über die Islamisten in Tunesien

»Al-Nahda befindet sich im Sinkflug«

In den vergangenen Wochen gab es vor allem im Landesinneren Tunesiens soziale Proteste und Streiks, die in mehreren Fällen von Anhängern der Regierungspartei al-Nahda und der Polizei angegriffen wurden (Jungle World 50/2012). Am 23. Juni, ein Jahr und neun Monate nach der Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung, sollen die nächsten allgemeinen Wahlen stattfinden. Die Jungle World sprach mit Sami Tahri über das repressive Vorgehen der Islamisten und den Widerstand dagegen. Tahri ist der stellvertretende Vorsitzende des tunesischen Gewerkschaftsdachverbands UGTT. Gemessen an der Bevölkerungszahl des Landes ist die UGTT mit rund 750 000 Mitgliedern einer der größten Gewerkschaftsverbände in Afrika und im Mittelmeerraum.