Interview

2012/51 Alena Thiem und Yvonne Franck im Gespräch über Essstörungen und Feminismus

»Essen wird als Feind wahrgenommen«

Wie viel Hunger darf ich haben? Wie kaum eine andere gehört diese Frage zur weiblichen Sozialisation, zumindest am Esstisch. Über Schönheitsideale, weiblichen Körperhass und Essstörungen im neoliberalen Kapitalismus sprach die Jungle World mit Yvonne Franck (r.) und Alena Thiem (l.) von der Initiative AnyBody Deutschland, die sich »für mehr körperliche Vielfalt in Medien und Gesellschaft« einsetzt. Die Initiative ist Teil des Internationalen Netzwerks »Endangered Bodies«, welches die Körpernormierung nach den herrschenden Schlankheits- und Weiblichkeitsidealen kritisiert und bei jungen Frauen ein »positives« Körperbild stärken will (endangeredbodies.org).

2012/50 Die argentinische Opposition gegen die Regierung von Christina Kirchner

»Chávez besitzt Öl und Kirchner nur Soja«

Im September und November demonstrierten in Argentinien Hunderttausende, vor allem Angehörige der Mittelschicht, gegen die Politik der Regierung von Cristina Fernández de Kirchner. Über die Proteste, den Kirchnerismus und seine Ideologie sprach die Jungle World mit Juan José Sebreli. Der 82jährige Philosoph, Soziologe und Literaturkritiker gilt als einer der wichtigsten Intellektuellen Argentiniens.

2012/49 Caroline Fourest im Gespräch über Homophobie in Frankreich

»Blasphemie ist zum Glück nicht strafbar«

Mitte November demonstrierten in Paris und anderen Städten Frankreichs Zehntausende Konservative, christliche Fundamentalisten und Rechtsextreme gegen die geplante Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe (Jungle World 47/2012). Teilnehmerinnen einer geplanten Gegenkundgebung der Gruppe Femen wurden in Paris von den Demonstranten verprügelt. Die Journalistin und Verlegerin des Magazins Pro Choix, Caroline Fourest, die das Geschehen filmte, wurde ebenfalls angegriffen und verletzt. Mit ihr sprach die Jungle World über den Vorfall und die Konsequenzen für das Gesetz zur Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe, das am 13. Januar verabschiedet werden soll.

2012/48 Jonathan Ornstein im Gespräch über jüdisches Leben in Kraków

»Aufbau einer jüdischen Zukunft«

Kraków war einst ein Zentrum jüdischer Kultur in Polen, das jüdische Erbe der Stadt wird seit einigen Jahren neu entdeckt. Seit 2008 versucht das Jewish Community Center Kraków (JCC), die dortige Gemeinde wieder aufzubauen. Die Jungle World sprach mit Jonathan Ornstein, seit 2008 Direktor des Zentrums, über dessen Arbeit und darüber, wie das Zentrum mit der Vergangenheit und Gegenwart jüdischen Lebens in Polen umgeht. Ornstein ist in New York City aufgewachsen und lebt seit zwölf Jahren in Polen.

2012/47 Olivier Roy im Gespräch über islamistische Radikalisierung in Frankreich

»Jihadisten sind Narzissten«

Anfang November kamen Frankreichs Präsident François Hollande und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in Toulouse zusammen, um der Opfer des Anschlags auf eine jüdische Schule in der südfranzösischen Stadt zu gedenken. Im März ermordete Mohamed Merah dort drei Kinder und einen Lehrer. Nur wenige Wochen vor der Trauerfeier wurde ein jüdischer Supermarkt in Paris Ziel antisemitischer Gewalt. Das salafistische Terroristennetzwerk, das einen Anschlag verübt und weitere geplant hatte, wurde kurz darauf von der Polizei enttarnt. Seitdem steht die Debatte über antisemitische Gewalt von französischen Islamisten wieder stärker im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Jungle World sprach mit Olivier Roy über französische Jihadisten und den Zusammenhang zwischen Vorstadtmilieu und islamistischer Radikalisierung. Roy ist Islamwissenschaftler und lehrt zurzeit am European University Institute in Florenz. Seine zahlreichen Publikationen beschäftigen sich vor allem mit dem politischen Islam.

2012/46 Kno’ledge Cesar im Gespräch über die rassistischen Elemente der niederländischen Nikolaus-Tradition

»Koloniales Klischee«

Kommenden Samstag ist es wieder so weit: Die Ankunft des Nikolaus im Hafen von Rotterdam wird in den Niederlanden groß gefeiert. Begleitet wird er von schwarzen Helfern, den Zwarten Piets. Das Spektakel wird live übertragen. Doch es gibt auch Protest gegen die rassistischen Elemente dieser Tradition. Die Jungle World sprach darüber mit dem Amsterdamer Musiker Kno’ledge Cesar.
2012/45 Marylé Sena im Gespräch über den Konflikt zwischen den Farc und der Regierung in Kolumbien

»Den Krieg beenden«

Nach 50 Jahren Krieg verhandeln die linke Guerilla Farc und die kolumbianische Regierung seit drei Wochen über ein Friedensabkommen (siehe auch Seite 13). Indigene und Bauern, die in erster Linie unter dem Konflikt leiden, sitzen nicht mit am Tisch. Marylé Serna gehört der Bauernbewegung des Departamento Cauca an, einer der am schlimmsten vom militärischen Konflikt betroffenen Regionen im Süden Kolumbiens. Außerdem ist sie Sprecherin des Congreso de los Pueblos, eines Bündnisses kolumbianischer Basisorganisationen. Mit ihr sprach die Jungle World über die Aussichten auf Frieden.

2012/44 Gabriele Heinecke im Gespräch über den Piraterie-Prozess in Hamburg

»Eine sehr deutsche Sicht auf die Verhältnisse«

Nach fast zwei Jahren und über 100 Verhandlungstagen endete Mitte Oktober der umstrittene Piraterie-Prozess. Das Land­gericht Hamburg verurteilte die zehn Angeklagten aus Somalia, darunter drei Heranwachsende, wegen erpresserischen Menschenraubes und bewaffneten Angriffs auf den Seeverkehr zu Haftstrafen zwischen zwei und sieben Jahren. Sie hatten im April 2010 das deutsche Containerschiff Taipan überfallen. Gabriele Heinecke war Pflichtverteidigerin eines 28jährigen Angeklagten, der Vater zweier Kinder ist. Die Hamburger Rechtsanwältin stellt die Rechtmäßigkeit des Verfahrens in Frage. Gegen das Urteil hat sie Revision beantragt, die Anwälte acht weiterer Angeklagter ebenso. Bis ein rechtskräftiges Urteil beim Bundesgerichtshof gesprochen wird, kann ein Jahr vergehen.

2012/43 Anonymous-Gruppe Hamburg im Gespräch über Netmobbing, Wikileaks und den Umgang mit Kritik

»Digitalen Lebensraum verteidigen«

Egal was Anonymous tut – es landet in den Schlagzeilen. Dabei sind sich die Mitglieder des anonymen Kollektivs gar nicht so einig, wie es von außen scheint. Die Gruppe Anonymous Hamburg redet gern Klartext, auch über Dusseligkeiten, so gennante Fails, anderer Aktivisten. Ein Gespräch über Mobbing, Ziele, DDoS und Masken.

2012/42 Paolo Pezzino im Gespräch über die Einstellung des Prozesses zum SS-Massaker im italienischen Sant’Anna di Stazzema

»Die deutsche Staatsanwaltschaft war eher unwillig«

Der Beschluss, die Ermittlungen zum Massaker der SS in Sant’Anna di Stazzema einzustellen, weil den Beschuldigten keine hinreichende Tatbeteiligung nachzuweisen sei, stößt in Italien auf Unverständnis. Die Jungle World sprach mit Paolo Pezzino über die Entscheidung der Stuttgarter Staatsanwaltschaft und den italienischen Prozess. Pezzino lehrt Zeitgeschichte an der Universität Pisa und ist Mitglied der deutsch-italienischen Historikerkommission zur Aufarbeitung der gemeinsamen Vergangenheit im Zweiten Weltkrieg.