Interview

2009/17 Interview mit Ashraf Ahmed al-Hojouj über seine acht Jahre in einer libyschen Todeszelle

»Mein Feind kam, um mir zu helfen«

Der palästinensische Arzt Ashraf Ahmed al-Hojouj wurde 1999 zusammen mit fünf bulgarischen Krankenschwestern in Libyen verhaftet und 2004 in einem Schauprozess zum Tode verurteilt. Um von den katastrophalen Zuständen in Libyens Gesundheitswesen abzulenken, hatte Gaddafis Regime ihm und den fünf Krankenschwestern vorgeworfen, Hunderte Kinder absichtlich mit HIV infiziert zu haben. Nach acht Jahren Haft und Folter kamen er und die Krankenschwestern im Juli 2007 frei. Jetzt sprach Ashraf Ahmed al-Hojouj vor dem Vorbereitungskomitee für die UN-Antirassismuskonferenz in Genf.

2009/16 Gespräch mit Grace Nirmala über Tempelprostitution in Indien

»Wir zeigen, dass es nicht um Spiritualität geht«

Grace Nirmala ist Sprecherin der in Hydera­bad ansässigen NGO »Andhra-Pradesh-Komitee gegen das Jogini-System« (APJVVPS). Die 1994 gegründete Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, die Tradition der religiös legitimierten Tempelprostitution zu beenden. Trotz gesetzlicher Verbote werden in zahlreichen Gegenden Indiens junge Mädchen im Kindesalter symbolisch »mit einer Gottheit verheiratet« und damit zur »Jogini«. Sobald die Mädchen die Pubertät erreichen, müssen sie allen Männern der Gemeinde sexuell zur Verfügung stehen. »Joginis« dürfen nicht heiraten, aber auch kein Geld für ihre Sexarbeit verlangen.

2009/15 Im Gespräch mit Jürgen Mümken über den Kongress »Anarchismus im 21. Jahrhundert«

»Für mich heißt Anarchismus auch Antikapitalismus«

Über Ostern findet in Berlin ein Kongress zum Thema »Anarchismus im 21. Jahrhundert« statt. Einer der Referenten ist Jürgen Mümken. Der 43jährige Autor wird bei der Tagung zu der Frage referieren, was die Postmoderne für den Anarchismus bedeutet.

2009/14 Philipp Möller im Gespräch über seine atheistische Buskampagne

»Das ist doch Doppelmoral«

Philipp Möller ist Pressesprecher der so genannten »Buskampagne«, die atheistische Slogans auf Busse drucken lassen möchte, um ein Gegengewicht gegen religiöse Werbung zu schaffen. Die deutschen Verkehrsbetriebe stehen der Kampagne bisher eher ablehnend gegenüber.

2009/13 Interview mit Mike Bonano über die »Yes Men« und wie sie die Welt verbessern möchten

»Ich mag die Idee, dass alles eigentlich einfach ist«

Mike Bonano und Andy Bichlbaum sind »The Yes Men«. Die beiden Aktivisten, die im bürgerlichen Leben Igor Vamos und Jaques Servin heißen, fälschten unter anderem die Homepage der WTO. Dann ließen sich die »Yes Men« als WTO-Vertreter auf Konferenzen einladen und präsentierten dort Ideen, die die »wahre Identität« der WTO offenbaren sollten.

2009/12 Hollmann Morris im Gespräch über kritischen Journalismus in Kolumbien

»Wir zeigen die Barbarei des Krieges«

Hollmann Morris ist Kolumbiens derzeit be­kanntester investigativer Journalist. Der Direktor der Fernsehproduktionsfirma Con­travia ist mit Beiträgen über den kolumbianischen Bürgerkrieg bekannt geworden und hat internationale Menschenrechtspreise und kolumbianische Journalistenpreise erhalten. Wegen seiner kritischen Berichterstattung erhält Morris immer wie­der Morddrohungen. Die Politik der »starken Hand« des Präsidenten Álvaro Uribe Vélez richtet sich nicht nur gegen Guerillagruppen wie die Farc, sondern auch gegen Kritiker seiner rechtskonservativen Regierung. Nicht selten greift der Präsident Menschenrechtler und Journalisten persönlich an.

2009/11 Mauricio Funes im Interview über seine Chancen, Präsident von El Salvador zu werden

»Anreiz für Investoren bieten«

Mauricio Funes ist Präsidentschaftskandidat der linken Nationalen Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN), die am Sonntag zur Wahl in El Salvador antritt. Umfragen zufolge hat er gute Chancen, der nächste Präsident El Salvadors zu werden und die ultrarechte Republikanisch-Nationalistische Allianz (Arena) abzulösen, die das Land seit 1989 regiert. Funes ist erstmals ein FMLN-Kandidat, der nicht der ehemaligen Guerilla entstammt, aus der die Partei nach Beendigung des 12jährigen Bürgerkriegs hervorgegangen ist.

2009/09 Harald Lesch im Gespräch über die Evolution im Universum, Gottespartikel und Neutralinos

»Der Außerirdische ist auch nur ein Mensch«

Harald Lesch ist nicht nur Professor für theo­retische Astrophysik, sondern un­terrichtet auch Naturphilosophie und ­moderiert die ZDF-Sendung »Abenteuer Forschung«. Viele kennen ihn auch als langjährigen Moderator der BR-Sendung »alpha-Centauri«, wo er schwierige phy­sikalische und philosophische Fragen auf kurzweilige Art erklärte. Er gilt deswegen auch als »Jürgen Klopp der Astrophysik«.

2009/08 Giota Masouridou im Interview über die Situation von Flüchtlingen und Migranten in Griechenland nach dem Aufstand von Dezember

»Wir müssen ihnen auf den Fersen bleiben«

Der Aufstand in Griechenland Ende vergangenen Jahres wurde vor allem mit der prekären Lage der Jugendlichen erklärt. Weil sich die polizeiliche Repression vor allem gegen demonstrierende Migranten richtete, wird nun auch ihre besondere Lage thematisiert. Giota Masouridou ist Anwältin beim Legal Team Athen und arbeitet außerdem in der Anwaltsvereinigung für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten, die kürzlich gemeinsam mit Pro Asyl eine Dokumentation veröffentlichte, in der unter anderem die katastrophalen Haftbedingungen im Auffanglager Mitilini auf der Insel Lesbos beschrieben werden. Dort wird im August das internationale No Border Camp stattfinden.

2009/07 Gespräch mit Guy Deutscher über die Reinheit der deutschen Sprache und den Kampf gegen Fremdwörter

»Englisch ist ein Eintopfgericht«

Im »Deutschlandjahr« 2009 machen sich Politiker wieder mal Sorgen um die deutsche Sprache. Ende Januar sprach sich der Verfassungsrichter Udo di Fabio für die For­derung der CDU aus, Deutsch als Amts­spra­che im Grundgesetz festzuschreiben. Der Kampf gegen Fremdwörter und Anglizismen soll damit verstärkt werden. In seiner Studie »Du Jane, ich Goethe. Eine Ge­schich­te der Sprache« (C.H. Beck, 2008) zeigt der an der Universität Leiden for­schen­de Sprach­wissenschaftler Guy Deutscher, dass Klagen über den Zustand der deutschen Sprache fast so alt sind wie die deutsche Sprache selbst.